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Nachweispflichten: BMF verlängert Übergangsfrist

Durch eine Mantelverordnung wurde die UStDV ab dem 01.01.2012 geändert. Wesentliche Ziele der Änderung sind Anpassungen bei den Nachweispflichten für Ausfuhrlieferungen (in Drittländer) an das elektronische Ausfuhrverfahren sowie die Schaffung einfacherer und eindeutigerer Nachweisregelungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (innerhalb der EU).

Hintergrund hierfür ist, dass ein Unternehmer bestimmte Belege benötigt, um die Steuerfreiheit von Ausfuhren in ein Drittland und von innergemeinschaftlichen Lieferungen nachzuweisen. Wer den Grenzübertritt seiner Ware nicht nachweisen kann, zahlt im Regelfall Umsatzsteuer nach. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

  1. Ausfuhren in ein Drittland: Werden Ausfuhren im elektronischen Ausfuhrverfahren ATLAS angemeldet, sind sie durch den Ausgangsvermerk oder den Alternativausgangsvermerk nachzuweisen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren vom Lieferer oder Abnehmer selbst transportiert werden oder ob eine Spedition eingeschaltet ist. Nur wenn in Versendungsfällen die Nachweisführung nicht möglich oder zumutbar ist, kann auf die Spediteursbescheinigung zurückgegriffen werden oder es kommt die Nachweisführung durch einen Frachtbrief in Betracht.
  2. Innergemeinschaftliche Lieferungen innerhalb der EU: Hier gilt als einheitliches Nachweisdokument neben einem Doppel der Rechnung die sog. Gelangensbestätigung, die vom Abnehmer des Lieferers ausgestellt sein und bestimmte Pflichtangaben enthalten muss.

Bereits Ende 2011 hatte das BMF eine Übergangsregelung verkündet, indem auf die im ersten Halbjahr getätigten Auslandslieferungen weiterhin der bis zum Jahreswechsel geltende alte Rechtsstand angewendet werden darf, aber nicht muss. Nun wird aufgrund von Protesten aus der Wirtschaft und von Steuerberatern die Anwendungsfrist für die neuen Nachweisregelungen erneut verlängert.

Das BMF hat die Frist für die neuen Nachweisregelungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen vom 01.04. auf den 01.07.2012 verlängert. Bei entsprechenden Umsätzen wird es bis Ende Juni nicht beanstandet, wenn ein Unternehmer an der Fortführung der bisherigen Nachweisregelungen festhält und erst spätestens ab dem dritten Quartal 2012 auf die geänderte UStDV umsteigt.

Hinweis: Die aktuelle Fristverlängerung bezieht sich nur auf die Nachweise hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Lieferungen ins EU-Ausland. Daher müssen die Änderungen, die sich auf die Ausfuhren in ein Drittland wie etwa die Schweiz, die Türkei oder die USA beziehen, zwingend ab April des laufenden Jahres angewendet werden.

Für die Praxis ist die Differenzierung insoweit relevant, da die Nachweisanforderungen durch Belege für Drittländer vergleichsweise gering sind. Insbesondere im Bereich der innergemeinschaftlichen Lieferungen ergeben sich drastische Veränderungen, die innerhalb des Betriebs umzusetzen sind. Denn die diversen Vorgaben wurden von bisherigen Soll- in Muss-Vorschriften umgewandelt, so dass deren Beachtung eine noch größere Bedeutung als zuvor zukommt.

Hinsichtlich der innergemeinschaftlichen Lieferungen wurde der Nachweis nämlich umfangreich geändert, indem die Unterscheidung in Beförderungsfälle (Liefernder oder Kunde als Abnehmer transportieren die Ware selber) und in Versendungsfälle (Abwicklung über einen damit beauftragten selbständigen Transporteur) aufgegeben wurde. Als einheitliches Nachweisdokument gilt jetzt neben einer Zweitausfertigung der Rechnung die sog. Gelangensbestätigung. Dies ist ein Dokument, das vom Abnehmer im EU-Ausland, also dem Kunden des deutschen Unternehmers, ausgestellt wird und einige Pflichtangaben enthalten muss. Das sind beispielsweise Name und Anschrift des Abnehmers, genaue Bezeichnung des verkauften Gegenstands, bei Fahrzeugen die Identifikationsnummer sowie Daten zu Tag und Ort des Erhalts, Tag und Ort des Beförderungsendes und eine Unterschrift des Abnehmers. Die Bescheinigung kann sowohl dem Liefernden als auch dem Spediteur übergeben werden.

Ausfuhren in ein Drittland sind hingegen im elektronischen Ausfuhrverfahren ATLAS anzumelden, was schon im Vorjahr möglich war - sowohl beim Transport durch den Lieferer oder Abnehmer als auch bei Zustellung durch eine Spedition.

Praxishinweis

Viele der neuen Belegpflichten für den Unternehmer dienen der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs, etwa die zwingende Angabe der eindeutig zu identifizierenden Nummern bei Pkws. Die über die Verordnung eingeführten Vorgaben in der UStDV enthalten sehr komplexe und in der Praxis mit hohem Aufwand verbundene Regelungen zur Nachweisführung für die Steuerfreiheit von grenzüberschreitenden Lieferungen. Damit nimmt der Aufwand für die Wirtschaft insbesondere wegen der Umstellung von Soll- auf Muss-Vorschriften bei den Nachweiserfordernissen und die höheren inhaltlichen Anforderungen an die Nachweispflichten zu. Dafür wird die Nachweisführung für innergemeinschaftliche Lieferungen vereinheitlicht und vereinfacht.

Zu beachten ist, dass es bei der Gelangensbestätigung der Mitwirkung des ausländischen Geschäftspartners bedarf, der sich an die Vorschriften des deutschen Fiskus halten muss. Ob ein ausländischer Unternehmer diese immer kennt, ist zu bezweifeln, zumal die Motivation zur Mithilfe wahrscheinlich eher dürftig sein wird. Das kritisieren auch Wirtschaftsverbände, weil ein latentes Haftungsrisiko besteht, auf die Lieferung im Nachhinein doch Umsatzsteuer zahlen zu müssen. Einen BMF-Anwendungserlass zu den Neuregelungen gibt es bisher nicht. Von diesem erwarten die Betriebe Hilfen und Erleichterungen bei der Anwendung in der Praxis. Immerhin gibt es auf den BMF-Internetseiten ein Muster der Bescheinigung und weitere erste Hinweise zu praktischen Problemen - etwa eine Sammelbestätigung oder die Belegführung in elektronischer Form.

Hinweis: Hinsichtlich der Änderungen zu den Beleg- und Buchnachweispflichten bei der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen in Drittländer werden auch die entsprechenden Abschnitte des UStAE an die Neuregelungen angepasst und sind grundsätzlich auf alle nach dem 31.12.2011 ausgeführten Umsätze anzuwenden. Für bis zum 31.03.2012 ausgeführte Ausfuhrlieferungen wird es auch hier nach der Übergangsregelung nicht beanstandet, wenn der beleg- und buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiung noch auf Grundlage der bis 2011 geltenden Rechtslage geführt wird.

Tipp: Auf www.jahressteuergesetz.de können Sie einen aktuellen Überblick zur Gelangensbestätigung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen herunterladen.

BMF-Schreiben v. 06.02.2012 - IV D 3 - S-7141/11/10003
BMF-Schreiben v. 06.02.2012 - IV D 3 - S-7134/12/10001
BMF-Schreiben v. 09.12.2011 - IV D 3 - S-7141/11/10003, BStBl 2011 I 1287
Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen v. 02.12.2011, BGBl 2011 I 2416

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Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 14.02.12