Wie wird der Gewinn aus der Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils im Rahmen eines Aktientausches ermittelt? Und wie wirkt sich hierbei ein gefallener Börsenkurs aus? Der BFH hat entschieden, dass es für die Bewertung auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erfüllung der Gegenleistungspflicht ankommt, wenn diese von den Verhältnissen bei der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen.
Im vom BFH am 13.10.2015 entschiedenen Fall ging es um die Veräußerung eines Aktienpakets im Rahmen eines Tauschvorgangs. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war zu 34,02 % an der N-AG beteiligt. Ein Großteil der Aktien wurde an die U-AG veräußert, hierfür erhielt der Kläger dann neue Aktien der U-AG zum vereinbarten Ausgabekurs von 24 € pro Aktie. Die entsprechende Kapitalerhöhung bei der U-AG wurde erst am 13.12.2002 in das Handelsregister eingetragen. Am selben Tag wurden die Aktien auch dem Depot des Klägers gutgeschrieben. Der Börsenkurs der U-Aktie lag am 28.02.2002, dem Tag des Veräußerungsgeschäfts, bei 18,69 €. Am Tag der Gutschrift im Depot, dem 13.12.2002, betrug der Kurs jedoch nur noch 2,20 €.
In der Steuererklärung setzte der Kläger den Veräußerungsgewinn auf Grundlage eines Werts von 2,20 € pro Aktie der U-AG an. Das Finanzamt bewertete die erhaltene Gegenleistung jedoch mit 18,69 €, also dem Kurswert der U-AG-Aktie zum Zeitpunkt der Veräußerung. Nachdem die Klage vor dem Finanzgericht erfolglos war, zog der Kläger zur Revision vor den BFH.
Zeitpunkt des Gewinns
Nach Ansicht des BFH war der Gewinn aus der Veräußerung grundsätzlich am 28.02.2002 entstanden. Bei einer Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften kommt es grundsätzlich darauf an, wann der Erwerber das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Anteilen erlangt hat (z.B. BFH, Urt. v. 18.11.2014). Zu diesem Zeitpunkt entsteht der Veräußerungsgewinn. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Gegenleistung sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet wird. Auch der tatsächliche Zufluss an den Veräußerer ist unbeachtlich.
Wertansatz
Bei einer Gegenleistung in Sachgütern ist der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Für die Bewertung kommt es grundsätzlich auf die Umstände im Zeitpunkt der Veräußerung an. Allerdings sind abweichend von diesem Grundsatz auch die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Erfüllung maßgeblich, wenn diese von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns abweichen. Der Große Senat des BFH hat zum Fall einer Veräußerung nach § 16 Abs. 2 EStG entschieden, dass es nur auf den tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn ankommt.
Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis sind demnach so lange auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, wie der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat (z.B. BFH, Urt. v. 21.12.1993). Die Frage, ob diese Grundsätze auch auf die Bewertung von Sachgütern anzuwenden sind – wie im aktuellen Fall auf die Aktien –, wird bisher unterschiedlich beurteilt. Der VIII. Senat des BFH hat für den Fall, dass die Gegenleistung in börsennotierten Aktien besteht, auf den Börsenkurs im Zeitpunkt der Abtretung der Aktien abgestellt (BFH, Beschl. v. 19.09.2012). Dieser Ansicht schließt sich der BFH hier im Ergebnis an.
Die Vertragsparteien haben im Fall der Anpassung der Gegenleistung bis zur endgültigen Erfüllung verzichtet und dem Kläger einseitig das Kursrisiko zugewiesen. Der Kläger hat aus dem Vertrag letztlich weniger erhalten, als er bei Abschluss des Vertrags annehmen durfte. Das wirtschaftliche Ergebnis unterscheidet sich hierbei nicht wesentlich von dem eines teilweisen Ausfalls der Kaufpreisforderung. Dieser wäre bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auch zu berücksichtigen. Lediglich der Grund für die Einbuße ist ein anderer. Darauf sollte es aber nach der Rechtsprechung des BFH gerade nicht ankommen.
Praxishinweis
Durch das Urteil wird nun klargestellt, dass auch im Fall eines Aktientauschs einerseits der Realisationszeitpunkt des Veräußerungsgewinns, der sich nach dem Zeitpunkt der Übertragung der Anteile richtet, vom Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung des Aktientauschs auf der anderen Seite zu unterscheiden ist. Für die tatsächliche Höhe des Veräußerungsgewinns ist jedoch auf den Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung abzustellen.
BFH, Urt. v. 13.10.2015 – IX R 43/14
BFH, Urt. v. 18.11.2014 – IX R 30/13
BFH, Urt. v. 21.12.1993 – VIII R 69/88, BStBl 1994 II 648
BFH, Beschl. v. 19.09.2012 – VIII B 90/12
Quelle: StB, Diplom-Wirtschaftsjurist Thorsten Wagemann