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JStG 2013: Umsatzsteuer, Verfahrensrecht und weitere Änderungen

Das BMF hat den Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz (JStG) 2013 erstellt, der am 25.04.2012 durch Kabinettsbeschluss auf den parlamentarischen Weg gebracht werden soll und - sofern nichts anderes vermerkt - am 01.01.2013 oder ab dem Veranlagungszeitraum 2013 in Kraft treten soll.

Da die Neuregelungen zu den einzelnen Steuerarten und Verfahrensvorschriften sehr umfassend sind, werden sie aus Platzgründen nur punktuell dargestellt.

Änderungen bei der Umsatzsteuer

  • Bei Leistungen an juristische Personen, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch tätig sind, richtet sich der Leistungsort insgesamt nach ihrem Sitz. Etwas anderes gilt nur, wenn der Bezug der Leistung für den privaten Bedarf des Personals erfolgt; hier bestimmt sich der Leistungsort nach dem Sitz des leistenden Unternehmers.
  • Die langfristige Vermietung eines Sportboots an Nichtunternehmer erfolgt an dem Ort, an dem das Sportboot dem Leistungsempfänger zur Verfügung gestellt wird. Bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer wird der Leistungsort an den Wohnsitz oder den Sitz des Leistungsempfängers verlagert.
  • Umsätze von Blinden sind befreit, wenn diese nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gilt neben dem Ehegatten künftig auch der eingetragene Lebenspartner.
  • Ein Unternehmer ist auch dann im Ausland ansässig, wenn er dort den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, seine Geschäftsleitung oder eine feste Niederlassung und im Inland nur einen Wohnsitz hat. Ansonsten ist er im Inland ansässig.
  • Das Recht für die Rechnungsstellung richtet sich EU-weit nach den Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Umsatz ausgeführt wird.
  • Der Anspruch auf Vorsteuerabzug aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für das Unternehmen wird auf die Fälle eingeschränkt, in denen der innergemeinschaftliche Erwerb in Deutschland bewirkt wird. 
  • Eine komplette Neufassung befreit Bildungsleistungen, die erbracht werden durch

 

 

  • Einrichtungen des öffentlichen Rechts,
  • Ersatzschulen, die staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind,
  • andere Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung, worunter auch selbständige Lehrer fallen können, sowie
  • Privatlehrer.

 

Änderungen bei der Abgabenordnung

  • Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zieht als bundesweit zuständige Einzugsstelle für die Sozialabgaben aus den Arbeitsentgelten für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse auch die einheitliche Pauschsteuer ein.
  • Die Verwaltungskompetenz für die Versicherungsteuer und die Verwaltungs- und Ertragskompetenz für die Kfz-Steuer sind auf den Bund übergegangen. Daher bedürfen Rechtsverordnungen insoweit nicht der Zustimmung des Bundesrates.
  • Wenden sich Körperschaften aktiv gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, werden sie nicht als gemeinnützige Körperschaft anerkannt; sie erhalten keine Steuervergünstigungen. Besteht nur ein Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit und wird die Körperschaft nur als Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht erwähnt, ist nicht aufgrund des Verdachts die Gemeinnützigkeit zu versagen.
  • Künftig muss eine Finanzbehörde auch dann zuerst ein Auskunftsersuchen gegenüber der Bank stellen, wenn ihr die Konto- oder Depotbeziehung bereits bekannt ist und sie lediglich Kontoauszüge oder ähnliche Dokumente einsehen will.
  • Werden Sachverständige, die nicht Beteiligte oder für Beteiligte auskunftspflichtig sind, von der Finanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogen, erhalten sie auf Antrag eine Vergütung. Es besteht aber kein Entschädigungsanspruch, wenn eine Person die Vorlagepflicht für den Beteiligten zu erfüllen hat.
  • Aufgrund des aktualisierten EU-Amtshilfegesetzes wird von der zwingenden Anhörung beim Rechts- und Amtshilfeverkehr im Bereich der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, Abstand genommen. 
  • Die Berufung auf ein Verfahren, das bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig ist, kann keine Verfahrensruhe bewirken.

Neues EU-Amtshilfegesetz

  • Eine Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung wird mit dem EU-Amtshilfegesetz in deutsches Recht umgesetzt und ersetzt die Amtshilferichtlinie. Das EU-Amtshilfegesetz gewährleistet das Funktionieren des Binnenmarkts, indem Behörden Steuern bei grenzüberschreitenden Steuersachverhalten ordnungsgemäß festsetzen können und eine neue Form der Verwaltungszusammenarbeit entwickelt wird.
  • Mit der fortschreitenden Internationalisierung geht das Bedürfnis nach einem effizienten zwischenstaatlichen Informationsaustausch einher. Ein solcher dient dazu, Doppelbesteuerungen ebenso wie Steuerhinterziehungen zu vermeiden.
  • Durch die Amtshilferichtlinie werden Prüfungsmöglichkeiten und Mindeststandards festgelegt. Der OECD-Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch für Besteuerungszwecke wird verbindlich implementiert. Dieser Standard verpflichtet die Mitgliedstaaten, auf Ersuchen alle für ein Besteuerungs- oder ein Steuerstrafverfahren erforderlichen Informationen zu erteilen. Beweisausforschungen sind jedoch ausgeschlossen. 
  • Weitere Neuerungen betreffen die Schaffung sog. zentraler Verbindungsbüros in allen Mitgliedstaaten, die Einführung elektronischer Standardformblätter und Übermittlungsfristen, die stufenweise Entwicklung eines automatischen Informationsaustauschs und die Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit durch weitergehende Anwesenheits- und Teilnahmemöglichkeiten an behördlichen Ermittlungen.

Sonstige Gesetze

  • Änderungen im Außensteuergesetz dienen dazu, die Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge in Hinblick auf die Gewinnabgrenzung bzw. -verteilung für Kapital- und Personengesellschaften sowie Betriebsstätten einheitlich zu regeln. Dazu wird das neue OECD-Musterabkommen 2010 inhaltlich umgesetzt. Es bringt die bisher weitgehend uneinheitliche Praxis der internationalen Betriebsstättenbesteuerung auf einen einheitlichen Fremdvergleichsgrundsatz.
  • Änderungen im Außensteuergesetz dienen zur Vermeidung von rechtlichen Risiken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit für Sachverhalte unter Beteiligung von Personengesellschaften oder Mitunternehmerschaften. Geschäftsbeziehungen von Personengesellschaften werden denen von Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Einkünfteabgrenzung gleichgestellt. Das betrifft beispielsweise Fremdvergleichsgrundsätze, schuldrechtliche Beziehungen, wirtschaftliche Vorgänge zwischen einem Unternehmen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte, Aufteilung der Gewinne zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen Betriebsstätte, das Verhältnis zwischen einem Gesellschafter und seiner Personengesellschaft, internationale Besteuerungskonflikte.
  • Im Investmentsteuergesetz erfolgen redaktionelle Anpassungen sowie die Verweisung auf die Amtshilferichtlinie.
  • Die Feuerschutzsteueranmeldung kann elektronisch abgegeben werden. Der maßgebliche Betrag für eine vierteljährliche Anmeldung der Feuerschutzsteuer wird verdoppelt auf die Betragsgrenze von 400 €.
  • Das Bundeskindergeldgesetz übernimmt die Anpassungen im EStG hinsichtlich der Aussetzung der Wehrpflicht.
  • Durch Änderungen im Gesetz über Steuerstatistiken werden zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer die dreijährlichen Bundesstatistiken auf die jährliche Aufbereitung von Daten umgestellt.

Praxishinweis

Im Vermögensbildungsgesetz geht es vor allem um formale Regelungen, die umfassend geändert werden. Beispielsweise

  • tritt an Stelle der Anlage VL in Papierform die elektronische Vermögensbildungsbescheinigung. Eine Arbeitnehmersparzulage kann von der Finanzverwaltung nur gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer der Finanzverwaltung die für die Festsetzung und Auszahlung erforderlichen Angaben mitteilt. Künftig genügt der Arbeitnehmer dieser Obliegenheit, wenn er in die Übermittlung der erforderlichen Daten vom Institut mittels elektronischer Vermögensbildungsbescheinigung einwilligt und seine Identifikationsnummer mitteilt. Derzeit ist noch offen, wann die praktischen Vorbereitungen für die Übermittlung der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung abgeschlossen sein werden. Deshalb wird der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung durch ein im BStBl zu veröffentlichendes Schreiben mitgeteilt;
  • ist eine Ablehnung der Festsetzung einer Arbeitnehmer-Sparzulage wegen Überschreitung der Einkommensgrenzen aufzuheben und nachträglich die Sparzulage festzusetzen, wenn sich aus der geänderten Einkommensteuerfestsetzung erstmals ergibt, dass die Einkommensgrenzen nicht überschritten sind. Die Nachholung der Festsetzung der Sparzulage ist von Amts wegen vorzunehmen; ein erneuter Antrag ist daher entbehrlich.

Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen, Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 v. 05.03.2012 

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 14.03.12