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Voraussetzungen für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

In den Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung kann ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Investitionsentscheidungen hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen ausreichend konkretisiert sind. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass das Wirtschaftsgut bis zum Ende des Jahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, verbindlich bestellt worden ist. Im Falle der Herstellung muss diese verbindlich beantragt oder mit der Herstellung des Wirtschaftsgutes bereits tatsächlich begonnen worden sein. So fordert es das BMF. Grundlage hierfür ist die Rechtsprechung des BFH zur Bildung der ehemaligen Ansparrücklage im Falle der Neugründung eines Betriebs. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt dieser Grundsatz auch hinsichtlich des neuen Investitionsabzugsbetrags.

Nach mehreren FG-Urteilen ist es jedoch für die Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht notwendig, dass wesentliche Betriebsgrundlagen im Falle eines noch nicht eröffneten oder wesentlich erweiterten Betriebs verbindlich bestellt sein müssen. Denn im Gegensatz zur ehemaligen Ansparabschreibung besteht durch die Vollverzinsung jetzt keine Missbrauchsgefahr einer Nutzung „ins Blaue hinein" mehr. Deshalb ist lediglich erforderlich, dass der Steuerpflichtige das begünstigte bewegliche Wirtschaftsgut in den beim Finanzamt einzureichenden Unterlagen seiner Funktion nach benennt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angibt.

Hinweis: Diese Urteile begünstigen vor allem Existenzgründer und Berufsstarter, denn hierdurch kommt die Steuervergünstigung gezielt denjenigen zugute, die sie in ihrer Anfangsphase als Liquiditätshilfe besonders benötigen.

Das FG Münster weist aber jetzt darauf hin, dass dennoch eine bereits im Abzugsjahr bestehende Investitionsabsicht bestehen und nachgewiesen werden muss. Dies gilt insbesondere in Fällen der Betriebseröffnung. Alternativ zur verbindlichen Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen muss auf Grundlage dieser Nachweise feststellbar sein, dass der Steuerpflichtige ernsthaft und endgültig zur Anschaffung des begünstigten beweglichen Wirtschaftsguts entschlossen war. Besteht hingegen lediglich ein vager Investitionsplan, fehlt es an einer hinreichenden Absicht. An dieser mangelt es ebenfalls, wenn zwar ein Investitionsentschluss vorliegt, dieser aber vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig ist. Dann ergeben sich in diesem Einzelfall ebenfalls Zweifel, und dies insbesondere dann, wenn der Bedingungseintritt eher unwahrscheinlich ist.

Wird im Abzugsjahr ein Angebot über den Kauf einer wesentlichen Betriebsgrundlage eingeholt, folgt hieraus nicht automatisch, dass der Steuerpflichtige eine hinreichend konkrete Investitionsabsicht hatte. Denn die Einholung eines Angebots besagt lediglich, dass er sich mit der Anschaffung beschäftigt hat. Sie sagt hingegen nichts darüber aus, ob er sich bereits zum Kauf entschlossen hatte oder aber noch in der Phase der Entscheidungsfindung war und hierzu den Markt beobachtete. Bei solchen und vergleichbaren Sachverhalten ist der Investitionsabzugsbetrag nicht zu gewähren, da unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls keine Investitionsabsicht festzustellen ist.

Tipp: In diesem Tenor hatten sich bereits mehrere FG insbesondere zur Errichtung einer Photovoltaikanlage geäußert. Von der unterlegenen Finanzverwaltung liegen zahlreiche Revisionen vor: Demnächst wird also der BFH zum Nachweis der Investitionsabsicht Stellung nehmen und sich dabei insbesondere mit der Frage auseinandersetzen, ob für diesen Nachweis im Falle einer noch nicht abgeschlossenen Betriebseröffnung eine verbindliche Bestellung erforderlich ist oder ob (analog zur Sichtweise der FG) insbesondere wegen der geringeren Missbrauchsgefahr im Vergleich zur Vorgängerregelung andere Nachweise ausreichend sind. Der Streitpunkt sollte wegen der vorliegenden Revisionsverfahren offengehalten werden, da Einsprüche ruhend gestellt werden können.

Praxishinweis

Im Vorgriff auf eine geplante Herstellung oder Anschaffung können Unternehmer, Freiberufler und Gesellschaften unabhängig von der Gewinnermittlungsart vorab einen Investitionsabzugsbetrag von 40 % der voraussichtlichen Aufwendungen bis zu 200.000 € pro Betrieb steuermindernd abziehen. Das gilt auch beim Einbau eines Solardachs. Wenn der erzeugte Strom später nicht ausschließlich für die eigene Wohnung verwendet werden, sondern an einen Netzbetreiber veräußert werden soll, wird der private Hausbesitzer hierdurch zum Gewerbetreibenden, Somit liegt eine Betriebseröffnung vor.
Unabhängig von der sonstigen Tätigkeit erzielen Selbstständige durch den Betrieb einer Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung in Höhe der vom Netzbetreiber gewährten Vergütung. Dies bedeutet in der Praxis, dass auch Privatpersonen, die ansonsten ihr Haus ausschließlich nichtunternehmerisch nutzen, als Gewerbetreibende die Möglichkeit haben, Verluste aus der Investitionsphase horizontal oder vertikal mit anderen Einkünften zu verrechnen. Diese Option ist ihnen im Normalfall versperrt, wenn sie das Domizil ausschließlich selbst bewohnen.

Verbraucht der Betreiber der Photovoltaikanlage den erzeugten Strom in unmittelbarer Nähe zur Anlage selbst und speist ihn nicht in das Netz, muss er diesen selbst benötigten Strom nicht von einem anderen Energieversorger beziehen. Die reduzierte Vergütung für selbst erzeugten und sofort verbrauchten Strom stellt neben dem normalen Tarif für eingespeisten Strom Betriebseinnahmen im Rahmen des Gewerbebetriebs „Stromerzeugung" dar. Sie wird dem Betreiber der Anlage vom Netzbetreiber für die Stromerzeugung gewährt.

Da dachintegrierte Photovoltaikanlagen (unabhängig davon, ob sie bei einer Neuerrichtung eines Gebäudes oder bei einer Sanierungsmaßnahme angeschafft bzw. hergestellt wurden) selbständige, vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter und damit keine unselbständigen Gebäudebestandteile sind, kommt die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags überhaupt in Betracht.

FG Münster, Urt. v. 08.02.2012 - 11 K 3035/10 E
FG Münster, Urt. v. 12.05.2011 - 10 K 4791/08 G,F, Revision unter IV R 22/11
FG Münster, Urt. v. 21.01.2010 - 11 K 435/08 E, Revision unter III R 15/10
FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2010 - 12 K 12197/09, Revision unter VIII R 48/10
FG Niedersachsen, Urt. v. 03.05.2011 - 13 K 12121/10, Revision unter III R 37/11
BFH, Urt. v. 19.10.2011 - X R 25/10
FG München, Urt. v. 26.10.2010 - 2 K 655/10, Revision unter X R 20/11
FG Nürnberg, Urt. v. 28.07.2011 - 7 K 655/10, Revision unter X R 42/11
BMF-Schreiben v. 08.05.2009 - IV C 6 - S-2139 b/07/10002, BStBl 2009 I 633, Tz. 28 ff.

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 21.03.12