FG Hessen - Urteil vom 27.03.2013
3 K 339/10
Normen:
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2; AO § 88 Abs. 1 Satz 1; EStG § 68 Abs. 1 Satz 1;

Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei Ermittlungsfehlern der Familienkasse

FG Hessen, Urteil vom 27.03.2013 - Aktenzeichen 3 K 339/10

DRsp Nr. 2013/14787

Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei Ermittlungsfehlern der Familienkasse

Das Vorliegen eines groben Verschuldens eines Beteiligten kann ausgeschlossen sein, wenn das schuldhafte Verhalten der Behörde dasjenige des Beteiligten unmittelbar beeinflusst hat. Die Behörde verletzt die ihr obliegende Sachaufklärungspflicht (§ 88 Abs. 1 S. 1 AO), wenn die Zweifelsfragen nicht nachgeht, die sich ihr den Umständen nach ohne weiteres aufdrängen müssten. Verletzt die Familienkasse die ihr obliegende Sachaufklärungspflicht über längere Zeit, ist zu prüfen, ob eine Pflichtverletzung des Beteiligten wegen nachträglichen Nachweises anspruchsbegründender Tatsachen noch als grob schuldhaft i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zurückgewiesen werden kann. Verletzt der Kindergeldberechtigte seine Mitwirkungspflicht, darf sich die Familienkasse gleichwohl ihrer Verpflichtung zur Sachaufklärung nicht entziehen.

Der Ablehnungsbescheid vom 19.12.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 07.01.2010 werden, soweit sie den Kindergeldanspruch für die Monate Januar bis Dezember 2005 betreffen, aufgehoben. Die Familienkasse wird verpflichtet, insoweit den Antrag der Klägerin, den Bescheid vom 31.03.2008 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von gezahltem Kindergeld aufzuheben, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.