OLG Stuttgart - Beschluss vom 19.07.2022
4 Rv 26 Ss 366/22
Normen:
BGB § 185;
Vorinstanzen:
AG Reutlingen, vom 10.02.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 14 Js 23428/21

Beleidigung durch Bezeichnung eines Landtagsabgeordneten der AfD als Nazi

OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.07.2022 - Aktenzeichen 4 Rv 26 Ss 366/22

DRsp Nr. 2022/15585

Beleidigung durch Bezeichnung eines Landtagsabgeordneten der AfD als "Nazi"

1. Bei der Bezeichnung einer Person als „Nazi“ handelt es sich um ein Werturteil und nicht um eine Tatsachenbehauptung, da keine Verbindung zu einer genau definierten Personengruppe möglich ist und konkretisierende Informationen fehlen, die auf ihre Wahrheit den überprüft werden könnten. 2. Eine allgemeine Aussage dahingehend, dass die Bezeichnung einer anderen Person als „Nazi“ stets oder niemals den Tatbestand der Beleidigung erfülle, verbietet sich. Vielmehr hängt der Aussagegehalt des Begriffs von dem jeweiligen Gebrauch ab, insbesondere von dem Gesamtzusammenhang des Textes, in dessen Rahmen er verwendet wird. 3. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Äußerung allein auf eine persönliche Diffamierung der betreffenden Person hinzielt oder ob sie auch eine Bewertung ihrer politischen Haltung und Gesinnung enthält vor dem Hintergrund ihrer Zugehörigkeit zu einer von nicht unerheblichen Teilen der Bevölkerung im rechten Spektrum verorteten Partei, die zudem jedenfalls in Teilen bereits in mehreren Bundesländern von den Verfassungsschutzbehörden als extremistischer Verdachtsfall eingestuft wird.