LAG Hamm - Urteil vom 18.03.2021
8 Sa 500/20
Normen:
RL 2003/88/EG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; ArbZG § 2 Abs. 3; ArbZG § 6 Abs. 5; MTV für die obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitende Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie NRW v. 08.12.2004 § 5;
Vorinstanzen:
ArbG Gelsenkirchen, vom 04.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 1608/19

Einschätzungsprärogative der TarifvertragsparteienGrenzen der Tarifautonomie durch Art. 3 Abs. 1 GGZweckbestimmung bei unterschiedlichen tariflichen Nachtarbeitszuschlägen

LAG Hamm, Urteil vom 18.03.2021 - Aktenzeichen 8 Sa 500/20

DRsp Nr. 2022/11855

Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien Grenzen der Tarifautonomie durch Art. 3 Abs. 1 GG Zweckbestimmung bei unterschiedlichen tariflichen Nachtarbeitszuschlägen

1. Den Tarifvertragsparteien kommt als selbständigen Grundrechtsträgern aufgrund der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser Spielraum reicht, hängt von den Differenzierungsmerkmalen im Einzelfall ab. Den Tarifvertragsparteien steht hinsichtlich der tatsächlichen Gegebenheiten und der betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zu. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. 2. Das allgemeine Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG beschreibt aufgrund seiner Ausstrahlungswirkung eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichtsbarkeit im Hinblick darauf, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die jenseits dieser Grenze liegen und zu einer Gruppenbildung führen, die mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr vereinbar ist.