FG Hessen - Urteil vom 26.05.2011
3 K 1724/10
Normen:
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 63 Abs. 1 Satz 3; AO § 8; DA-Fam EStG 63.1.1 Abs. 4;

Kindergeldanspruch für ins Ausland entführte Kinder

FG Hessen, Urteil vom 26.05.2011 - Aktenzeichen 3 K 1724/10

DRsp Nr. 2011/19235

Kindergeldanspruch für ins Ausland entführte Kinder

Ist ein minderjähriges Kind gegen den Willen des allein sorgeberechtigten Elternteils entführt worden und lebt es seitdem im außereuropäischen Heimatland des anderen Elternteils kann nur dann vom Fortbestehen des bisherigen Wohnsitzes im Inland ausgegangen werden, wenn die äußeren Umständen darauf schließen lassen, das Kind werde in absehbarer Zeit wieder ins Inland zurückkehren. Nach Ablauf eines Sechsmonatszeitraums wandelt sich die Prognose eines zunächst nur vorübergehend einzustufenden Auslandsaufenthaltes ohne Hinzutreten besonderer Umstände regelmäßig zu einem dauerhaften Aufenthalt. Die in DA-Fam EStG 63.1.1 Abs. 4 enthaltene pauschale Regelung, wonach „vermisste Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beim Kindergeldbezug zu berücksichtigen sind”, verstößt als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift gegen § 63 Abs. 1 S. 3 EStG und ist für das Gericht nicht bindend.

Normenkette:

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 63 Abs. 1 Satz 3; AO § 8; DA-Fam EStG 63.1.1 Abs. 4;

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für ihre drei ins Ausland entführten Kinder ab Oktober 2008 Kindergeld zusteht. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: