BFH - Urteil vom 13.04.2016
III R 7/13
Normen:
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 64 Abs. 2 S. 1; VO (EG) Nr. 883/2004 Art. 67; VO (EG) Nr. 987/2009 Art. 60 Abs. 1 S. 2;
Vorinstanzen:
Finanzgericht Münster, vom 16.01.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 1097/11

Kindergeldberechtigung eines in Deutschland lebenden, selbständig tätigen Vaters hinsichtlich eines in Polen bei der von dem Antragsteller geschiedenen Ehefrau lebenden Kindes

BFH, Urteil vom 13.04.2016 - Aktenzeichen III R 7/13

DRsp Nr. 2016/13704

Kindergeldberechtigung eines in Deutschland lebenden, selbständig tätigen Vaters hinsichtlich eines in Polen bei der von dem Antragsteller geschiedenen Ehefrau lebenden Kindes

NV: Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009 kann dazu führen, dass der Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62ff. EStG nicht dem in Deutschland, sondern vorrangig dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht (Anschluss an das Senatsurteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13).

1. Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009, wonach bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der VO Nr. 883/2004 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle Beteiligten --insbesondere was das Recht zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt-- unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort wohnen, kann dazu führen, dass der Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht (EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015 C-378/14, EU:C:2015:720, DStRE 2015, 1501). Kann wegen der --nicht nur räumlichen-- Trennung der Eltern nicht fingiert werden, dass diese in Deutschland in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG der Elternteil kindergeldberechtigt, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat.