BFH - Urteil vom 23.08.2016
V R 10/15
Normen:
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 63 Abs. 1 S. 1; EStG § 64 Abs. 2 S. 1; VO Nr. 883/2004 Art. 1 Buchst. i Nr. 1 Buchst. i; VO Nr. 883/2004 Art. 1 Buchst. i Nr. 1; VO Nr. 883/2004 Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j; VO Nr. 883/2004 Art. 11 Abs. 3; VO Nr. 987/2009 Art. 60 Abs. 1;
Vorinstanzen:
Finanzgericht Münster, vom 02.02.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 14 K 1165/13

Kindergeldberechtigung geschiedener Eltern bei ständigem Aufenthalt eines Elternteils im EU-Ausland

BFH, Urteil vom 23.08.2016 - Aktenzeichen V R 10/15

DRsp Nr. 2017/1281

Kindergeldberechtigung geschiedener Eltern bei ständigem Aufenthalt eines Elternteils im EU-Ausland

NV: Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 987/2009 führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Anschluss an BFH Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612).

1. Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der VO Nr. 987/2009, wonach bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der VO Nr. 883/2004 die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle Beteiligten —insbesondere was das Recht zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt— unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort wohnen, kann dazu führen, dass der Anspruch auf Kindergeld nach §§ 62 ff. EStG nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht (EuGH–Urteil vom 22. Oktober 2015 C–378/14, EU:C:2015:720, DStRE 2015, 1501 ). Kann wegen der —nicht nur räumlichen— Trennung der Eltern nicht fingiert werden, dass diese in Deutschland in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG der Elternteil kindergeldberechtigt, der das Kind in seinem Haushalt aufgenommen hat.