BGH - Beschluss vom 03.05.2022
1 StR 10/22
Normen:
StGB § 266 Abs. 1; BRAO § 43a Abs. 5 S. 2;
Fundstellen:
AO-StB 2022, 288
NJW 2022, 2286
NStZ-RR 2022, 246
ZInsO 2022, 1496
wistra 2022, 382
Vorinstanzen:
LG Kassel, vom 08.10.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 5610 Js 16444/18

Konkurrenzrechtliche Beurteilung der Begehung der Untreue eines Rechtsanwalts durch pflichtwidrige Nichtweiterleitung der dem Mandanten oder einem Dritten zustehenden Gelder

BGH, Beschluss vom 03.05.2022 - Aktenzeichen 1 StR 10/22

DRsp Nr. 2022/9259

Konkurrenzrechtliche Beurteilung der Begehung der Untreue eines Rechtsanwalts durch pflichtwidrige Nichtweiterleitung der dem Mandanten oder einem Dritten zustehenden Gelder

1. Untreue kann durch den Rechtsanwalt durch Tun oder Unterlassen (§ 13 StGB) begangen werden. Verwirklicht er den Tatbestand ausschließlich dadurch, dass er pflichtwidrig dem Mandanten oder einem Dritten zustehende Gelder nicht weiterleitet, sondern auf seinem Geschäftskonto belässt, erschöpft sich die Untreue in einem Unterlassen. Wird der Rechtsanwalt neben dem bloßen Gelderhalt etwa durch Anfordern des Geldes, Verwenden des Geldes zu eigenen Zwecken oder durch Ableugnen des Zahlungseingangs tätig, kann auf diese Einzelhandlungen abzustellen sein. Dabei bleibt die Bewertung der Konkurrenzen von der Begehungsform unberührt; das (bloße) Nichtweiterleiten nach jedem Zahlungseingang führt zur Tatmehrheit, da der Rechtsanwalt verpflichtet ist, für seine Leistungsfähigkeit zu den verschiedenen Zahlungszeitpunkten Sorge zu tragen.2. Hat ein Rechtsanwalt veruntreute Gelder nicht als Gegenleistung für eine eigene Leistung erlangt, dürfen sie nicht in die Bemessungsgrundlage im Rahmen einer Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen werden.