BFH - Beschluss vom 19.07.2005
XI B 206/04
Normen:
BGB § 133 ; GG Art. 19 Abs. 4 ;
Fundstellen:
BFH/NV 2006, 68
Vorinstanzen:
FG München, vom 21.09.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 2 K 2276/02

Rechtsschutz gewährende Auslegung

BFH, Beschluss vom 19.07.2005 - Aktenzeichen XI B 206/04

DRsp Nr. 2005/18891

Rechtsschutz gewährende Auslegung

1. Prozesserklärungen sind in entsprechender Anwendung des § 133 BGB auszulegen.2. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.3. Zu berücksichtigen ist nicht nur das Gewicht der mit der Erklärung verbundenen Rechtsfolgen, sondern vor allem auch, in welchem Umfang und mit welcher Intensität der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz durch die infrage stehende Prozesserklärung berührt wird.4. Eine unklare Prozesserklärung ist im Zweifel so auszulegen, dass das Ergebnis dem Willen eines verständigen Beteiligten entspricht. Diese Grundsätze sind allgemein gültig.5. Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten wird, schließt eine Rechtsschutz gewährende Auslegung nicht aus.

Normenkette:

BGB § 133 ; GG Art. 19 Abs. 4 ;

Gründe:

I. Streitgegenstand sind Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1993 bis 1995, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegenüber der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) AB-Architekturbüro erlassen hat. Die GbR wurde Mitte 1995 aufgelöst.

Gegen die Bescheide wurde namens der GbR Einspruch eingelegt, der nur teilweise Erfolg hatte.