BGH - Beschluss vom 29.06.2022
VII ZB 52/21
Normen:
ZPO a.F. § 240 S. 1; BGB § 204 Abs. 2 S. 2;
Fundstellen:
AnwBl 2023, 432
BauR 2023, 120
DZWIR 2023, 108
FamRZ 2022, 1867
MDR 2022, 1434
NJW-RR 2022, 1579
WM 2023, 1045
ZfBR 2023, 34
Vorinstanzen:
LG Berlin, vom 03.12.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 185/01
KG, vom 05.08.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 18/02

Rechtzeitiger Eingang einer formwirksamen Berufungsschrift; Vernichtung von Akten durch das Gericht

BGH, Beschluss vom 29.06.2022 - Aktenzeichen VII ZB 52/21

DRsp Nr. 2022/14602

Rechtzeitiger Eingang einer formwirksamen Berufungsschrift; Vernichtung von Akten durch das Gericht

a) Das Gericht hat im Wege freier Beweiswürdigung zu klären, ob die Berufung der Partei fristgerecht eingegangen ist. Es hat den Sachverhalt vollständig und ohne Beschränkung auf die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses zu würdigen (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 - XI ZR 283/16, juris).b) Die Unaufklärbarkeit des rechtzeitigen Eingangs einer formwirksamen Berufungsschrift fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Rechtsmittelführers, wenn das Gericht die Akten vernichtet hat, ohne dass die Voraussetzungen hierzu vorgelegen haben.c) Ein Untätigbleiben der Parteien nach Beendigung einer gemäß § 240 ZPO a.F. eingetretenen Unterbrechung des Verfahrens stellt kein Nichtbetreiben des Verfahrens im Sinne des § 204 Abs. 2 BGB dar, wenn das Gericht dem Verfahren von Amts wegen Fortgang geben muss (Bestätigung von BGH, Urteil vom 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99, NJW 2000, 132).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. August 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 208.760,48 €

Normenkette:

ZPO a.F. § 240 S. 1; BGB § 204 Abs. 2 S. 2;

Gründe

I.