SchlHOLG - Urteil vom 11.01.2022
7 U 84/21
Normen:
ZPO § 97 Abs. 1;
Vorinstanzen:
LG Kiel, vom 11.05.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 114/20

Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs im Wege des SchadensersatzesRückrufbetroffenheit eines FahrzeugsGrundsätze der sekundären DarlegungslastBegriff der Sittenwidrigkeit

SchlHOLG, Urteil vom 11.01.2022 - Aktenzeichen 7 U 84/21

DRsp Nr. 2022/3087

Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs im Wege des Schadensersatzes Rückrufbetroffenheit eines Fahrzeugs Grundsätze der sekundären Darlegungslast Begriff der Sittenwidrigkeit

1. Die Beklagte hat ihre sekundäre Darlegungslast zu den Hintergründen der KBA-Rückrufaktion vom 17.4.2019 (Code 23Z7) erfüllt. Für das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen in Form eines Thermofensters, einer Fahrkurvenerkennung, einer SCR-Dosierstrategie wegen eines fehlerhaften Ki-Faktors gibt es keine hinreichenden Anknüpfungspunkte.2. Aus der in Abstimmung mit dem zuständigen KBA von VW herausgegebenen "Applikationsanweisung Diesel Fahrkurven EA 288 SCR" vom 18. November folgt, dass in Neufahrzeuge mit EA 288-Dieselmotoren ab KW 22/16 (d.h. seit dem 30.5.2016) keine Fahrkurven mehr verbaut wurden.3. Der bloße Verbau einer Fahrkurvenerkennung ist regulatorisch zulässig, solange die Funktion tatsächlich nicht als Abschalteinrichtung gemäß Art.3 Abs. 10 VO (EG) 715/2007 genutzt wird. Eine solche liegt nicht vor, wenn die Vorrichtung zwar den Teststandsbetrieb erkennt und Änderungen herbeiführt, die den Schadstoffausstoß beeinflussen, diese Vorrichtung im Ergebnis aber nicht grenzwertkausal ist.