OLG Brandenburg - Urteil vom 31.03.2021
4 U 218/20
Normen:
BGB § 488 Abs. 1; BGB § 138 Abs. 1; BGB a.F. § 495 Abs. 1; EGBGB a.F. Art. 247 § 6 Abs. 2; BGB a.F. § 492 Abs. 2;
Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Oder, vom 20.08.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 19 O 270/19

Sittenwidrigkeit eines Kreditvertrages als wucherähnliches GeschäftAnforderungen an die Widerrufsinformation beim Abschluss eines VerbraucherdarlehensvertragesZulässigkeit einer sog. Kaskadenverweisung

OLG Brandenburg, Urteil vom 31.03.2021 - Aktenzeichen 4 U 218/20

DRsp Nr. 2021/5584

Sittenwidrigkeit eines Kreditvertrages als wucherähnliches Geschäft Anforderungen an die Widerrufsinformation beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages Zulässigkeit einer sog. Kaskadenverweisung

1. Ein Darlehensvertrag ist sittenwidrig und damit nichtig, wenn der Vertragszins den marktüblichen Effektivzins relativ um 100% oder absolut um 12%-Punkte übersteigt. 2. Die beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages erteilte Widerrufsinformation genügt nicht den Anforderungen nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB a.F., wenn sie auf § 492 Abs. 2 BGB a.F. als weitere Rechtsvorschrift verweist, da dies nicht "klar und verständlich" i.S. von Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB ist. 3. Zwar steht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.03.2020 (C - 66/19) der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktikon der Verwendung der Musterbelehrung gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. nicht entgegen. Diese greift jedoch nur, wenn die Widerrufsinformation vollständig dem gesetzlichen Muster gem. Anl. 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB a.F. entspricht (hier: verneint). 4. Jedoch ist dem Verbraucher die Geltendmachung des Widerrufs nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, wenn er sich allein auf das Fehlen des Musterschutzes berufen kann und der Widerruf sich daher als missbräuchliche Ausnutzung einer (nur) formalen Rechtsausübung darstellt.