FG München - Urteil vom 24.05.2006
9 K 4733/02
Normen:
EStG (2002) § 74 Abs. 1 S. 1, 3, 4 § 74 Abs. 2 ; SGB X § 104 Abs. 1 S. 1, 4 § 104 Abs. 2 ; AO (1977) § 37 Abs. 2 § 38 § 155 Abs. 4 § 175 Abs. 1 ;
Fundstellen:
EFG 2006, 1335

Überleitung bzw. Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 EStG 2002 an den Jugendhilfeträger

FG München, Urteil vom 24.05.2006 - Aktenzeichen 9 K 4733/02

DRsp Nr. 2006/20810

Überleitung bzw. Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 EStG 2002 an den Jugendhilfeträger

1. Ein Erstattungsanspruch des Sozialleistungsträgers nach § 74 Abs. 2 EStG i.V. mit § 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X verlangt die Gleichartigkeit der Leistungen des Leistungsträgers und des Kindergeldes. Eine Gleichartigkeit liegt bei dem in einer Einrichtung gewährten Lebensunterhalt oder Sachleistungen im Rahmen einer Heimerziehung oder betreuten Wohnform einerseits und Kindergeld als Geldleistung andererseits nicht vor. 2. Die Erstattung von Kindergeld nach § 74 Abs. 2 EStG i.V. mit § 104 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 SGB X an einen Jugendhilfeträger setzt einen Kostenbeitragsbescheid (Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers, ob und in welchem Umfang von dem Kindergeldberechtigten ein Kostenbeitrag erhoben werden soll) gegenüber dem Kindergeldberechtigten voraus. 3. Nur wenn die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 EStG vorliegen, kann die Auszahlung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG auch an die Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt (im Streitfall: Jugendhilfeträger). § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG ist nicht isoliert zu betrachten, sondern bewirkt lediglich eine Erweiterung der in Betracht kommenden Auszahlungsempfänger.