LAG Düsseldorf - Urteil vom 19.01.2022
4 Sa 933/21
Normen:
BGB § 241 Abs. 2; BGB § 626; BGB § 1004; KSchG § 1; GG Art. 5 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 2;
Vorinstanzen:
ArbG Oberhausen, vom 30.09.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 514/21

Unwirksame Abmahnung bei Vorwurf des Verstoßes gegen eine arbeitgeberseitige WeisungAbwägung zwischen Meinungsfreiheit und Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Arbeitgeber als Vertragspartner

LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2022 - Aktenzeichen 4 Sa 933/21

DRsp Nr. 2022/11049

Unwirksame Abmahnung bei Vorwurf des Verstoßes gegen eine arbeitgeberseitige Weisung Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Arbeitgeber als Vertragspartner

1. Der Arbeitgeber durfte es in der pandemischen Lage des Frühjahrs 2021 untersagen, testwillige Kolleginnen und Kollegen gezielt von einem Corona-Schnelltest abzuhalten. Die Weisung, "gegenüber jeglichen Kollegen während der Dienstzeit jegliche Äußerungen zu unterlassen, die kundtun, dass Sars-Covid-19 keine ernstzunehmende Erkrankung darstellt...", ist aber unwirksam. Eine auf diese Weisung gestützte Abmahnung ist unwirksam.2. Der Aushang eines DIN-A4-Blattes am Arbeitsplatz, auf dem sich ein Arbeitnehmer in überzogener Weise kritisch über Beanstandungen durch seine Vorgesetzten äußert, ohne in Formalbeleidigung oder Schmähkritik zu verfallen, unterliegt dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Im vorliegenden Fall geht die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte betriebliche Interessen (§ 241 Abs. 2 BGB) gemäß Art. 5 Abs. 2 GG der Meinungsäußerungsfreiheit vor. Vor Ausspruch einer Kündigung bedurfte es indessen einer Abmahnung.

Tenor