Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; tatsächliche Verständigung
BFH, Urteil vom 12.08.1999 - Aktenzeichen XI R 27/98
DRsp Nr. 2000/889
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; tatsächliche Verständigung
1. Eine unvorhersehbare Urteilsbegründung, die zur Verletzung rechtlichen Gehörs führt, liegt nur dann vor, wenn der Gesichtspunkt, auf den das FG sein Urteil gestützt hat, im bisherigen Verlauf des gerichtlichen Verfahrens überhaupt nicht angesprochen worden ist, sodass die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens keine Veranlassung hatten, sich zu äußern.2. Der Umstand, dass das FG die Besteuerungsgrundlagen selbst geschätzt hat, soweit es diese nicht ermitteln konnte, kann für das FA keine Überraschung darstellen, denn die Verpflichtung des FG zur Schätzung ergibt sich aus dem Gesetz.3. In Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung ist eine sog. tatsächliche Verständigung über die tatsächlichen Merkmale, die der Besteuerung zugrunde zu legen sind, grds. zulässig. Soll durch die tatsächliche Verständigung keine Bindung eintreten, muss dies durch einen entspr. Vorbehalt zum Ausdruck kommen.4. Die Bindung an die einvernehmlich getroffenen Regelungen setzt voraus, dass diese nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen. Gerade in Fällen, in denen ein Einigungsmangel erkennbar ist, sind die getroffenen Vereinbarungen unter diesem Gesichtspunkt besonders zu prüfen.