FG Baden-Württemberg - Urteil vom 03.08.2005
7 K 318/02
Normen:
AO (1977) § 362 Abs. 1 ; ZPO § 418 Abs. 1 ; EStG § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ;
Fundstellen:
EFG 2006, 125

Widerruf einer Einspruchsrücknahme; ordnungsgemäßer Eingangsstempel einer Behörde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO; Voraussetzungen für die Kürzung des Vorwegabzugs

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.2005 - Aktenzeichen 7 K 318/02

DRsp Nr. 2005/20293

Widerruf einer Einspruchsrücknahme; ordnungsgemäßer Eingangsstempel einer Behörde als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO; Voraussetzungen für die Kürzung des Vorwegabzugs

1. Die Rücknahme eines Einspruchs ist grundsätzlich wegen der unmittelbaren Gestaltungswirkung für das anhängige Verwaltungsverfahren weder widerruflich noch nach den Vorschriften des Zivilrechts über Willenserklärungen anfechtbar. Ein Widerruf ist allerdings dann möglich, wenn dieser vor der Rücknahmeerklärung, spätestens gleichzeitig mit ihr beim Finanzamt eingeht. 2. Ein formell ordnungsgemäßer Eingangsstempel einer Behörde kann zwar grundsätzlich öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO sein und damit den vollen Beweis für Zeit und Ort des Eingangs eines Schriftstückes gemäß § 418 Abs. 1 ZPO erbringen. 3. Versieht das Finanzamt die so genannte Morgenpost stets mit dem Eingangsstempel des Vortages, so dass ein den Vortag tragendes Schriftstück tatsächlich auch erst am nächsten Tag eingegangen sein kann, kommt dem Eingangsstempel noch die Eigenschaft der öffentlichen Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO zu, allerdings mit dem modifizierten urkundlichen Erklärungsinhalt, dass die gestempelten Poststücke am im Stempel ausgewiesenen Tag oder am Tag danach eingegangen sind.