9.2 Problem des klassischen Berliner Testaments

Autor: Grziwotz

Das klassische "Berliner Testament" sieht vor, dass sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, was impliziert, dass die Kinder beim ersten Erbfall enterbt werden. Dafür werden die Kinder für den zweiten Erbfall zu Schlusserben eingesetzt. Die Enterbung des überschuldeten Kindes führt bei diesem zum Entstehen eines Pflichtteilsanspruchs gem. §  2303 Abs.  1 BGB, der auf das Jobcenter übergeht bzw. vom Sozialleistungsträger auf sich übergeleitet werden kann.

Häufiger Bestandteil eines Berliner Testaments ist ferner eine Pflichtteilstrafklausel, die mit der Androhung einer Enterbung im zweiten Erbfall verhindern soll, dass das Kind beim ersten Erbfall seinen Pflichtteilsanspruch gegen den überlebenden Ehegatten geltend macht.

Diese Sanktionsdrohung verhindert jedoch rechtlich nicht die Möglichkeit eines Übergangs bzw. einer Überleitung des Pflichtteilsanspruchs auf den Sozialleistungsträger. Wird der Pflichtteilsanspruch des Bedürftigen beim ersten Erbfall geltend gemacht, erfolgt dessen automatische Enterbung für den zweiten Erbfall durch die Pflichtteilsstrafklausel. Sie hat damit einen negativen Effekt für das betroffene Kind, dem auch beim zweiten Erbfall nur ein auf den Sozialleistungsträger übergehender bzw. überleitbarer Pflichtteilsanspruch zusteht.

Hinweis