BFH - Urteil vom 10.03.2020
IX R 29/18
Normen:
AO § 129 Satz 1; EStG § 17; FGO § 96 Abs. 1 Satz 1, § 118 Abs. 2;
Fundstellen:
AO-StB 2020, 311
BB 2020, 1877
BFH/NV 2020, 1109
BStBl II 2020, 698
DStR 2020, 2018
DStRE 2020, 1207
FR 2020, 881
Vorinstanzen:
FG Thüringen, vom 31.01.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 480/17

Anforderungen an die Sachaufklärung durch das Finanzgericht hinsichtlich eines zu einer offenbaren Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides führenden FehlersZulässigkeit der Berichtigung eines Steuerbescheides bei Möglichkeit verschiedener Geschehensabläufe

BFH, Urteil vom 10.03.2020 - Aktenzeichen IX R 29/18

DRsp Nr. 2020/12149

Anforderungen an die Sachaufklärung durch das Finanzgericht hinsichtlich eines zu einer offenbaren Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides führenden Fehlers Zulässigkeit der Berichtigung eines Steuerbescheides bei Möglichkeit verschiedener Geschehensabläufe

1. Steht nach Aktenlage nicht fest, ob ein mechanisches Versehen oder ob ein anderer die Anwendung von § 129 Satz 1 AO ausschließender Fehler zu einer offenbaren Unrichtigkeit des Bescheids geführt hat, muss das FG den Sachverhalt insoweit aufklären und gegebenenfalls auch Beweis erheben. 2. Lässt sich nicht abschließend klären, wie es zu der Unrichtigkeit im Bescheid gekommen ist und stehen sich zwei nicht nur theoretisch denkbare hypothetische Geschehensabläufe gegenüber, von denen einer eine Berichtigung ausschließt, darf nicht berichtigt werden. 3. Eine Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO ist auch ausgeschlossen, wenn das FA feststehenden Akteninhalt (6 Seiten Anlagen zur Anlage G) bewusst nicht zur Kenntnis nimmt und wenn sicher anzunehmen ist, dass bei gebotener Kenntnisnahme ein mechanischer Übertragungsfehler bemerkt und/oder vermieden worden wäre. Dann ist nicht allein der mechanische Übertragungsfehler für die Unrichtigkeit des Bescheids ursächlich geworden, sondern zugleich ein die Willensbildung betreffender Fehler.