FG Sachsen-Anhalt - Urteil vom 22.05.2014
1 K 237/12
Normen:
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; AO § 88; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; EStG § 11 Abs. 2 S. 1; BGB § 242;

Nicht vollständige Zahlung von Schuldzinsen als neue Tatsache bei unzulänglicher Sachverhaltsermittlung des Sachbearbeiters des FA und unrichtigen Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung

FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.05.2014 - Aktenzeichen 1 K 237/12

DRsp Nr. 2014/17714

Nicht vollständige Zahlung von Schuldzinsen als neue Tatsache bei unzulänglicher Sachverhaltsermittlung des Sachbearbeiters des FA und unrichtigen Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung

1. Der auch im Steuerrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben verbietet der Finanzbehörde, unter Berufung auf das nachträgliche Bekanntwerden einer Tatsache einen Änderungsbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu erlassen, wenn ihr die Tatsache vor dem Erlass des zu ändernden Bescheides infolge Verletzung der ihr obliegenden Ermittlungspflicht zunächst verborgen geblieben ist. Diese Einschränkung der Änderungsbefugnis greift indes nur ein, wenn der Steuerpflichtige seinerseits die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfüllt hat. 2. Liegen sowohl eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch das FA als auch eine Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Steuerpflichtigen vor, sind die beiderseitigen Pflichtverletzungen grundsätzlich gegeneinander abzuwägen. In einem solchen Fall trifft in der Regel die Verantwortlichkeit den Steuerpflichtigen mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann.