LAG Niedersachsen - Urteil vom 06.07.2022
8 Sa 1149/20
Normen:
BGB § 626 Abs. 1; GewO § 109; KSchG § 9 Abs. 1 S. 3;
Vorinstanzen:
ArbG Hannover, vom 11.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ca 116/19

Parallelentscheidung zu LAG Niedersachsen 8 Sa 1148/20 v. 06.07.2022

LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.07.2022 - Aktenzeichen 8 Sa 1149/20

DRsp Nr. 2022/14341

Parallelentscheidung zu LAG Niedersachsen 8 Sa 1148/20 v. 06.07.2022

1. Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung, eine personenbezogene Auswertung von Daten, die er durch den Einsatz von Kartenlesegeräten gewonnen hat, nicht vorzunehmen, kann sich auch der einzelne Arbeitnehmer darauf berufen. 2. Erklärt der Arbeitgeber in einem Betriebskonzept oder auf einer Beschilderung einer Videoüberwachungsanlage, die hieraus gewonnenen Daten nur 96 Stunden lang aufzubewahren, kann ein Arbeitnehmer hierauf die berechtigte Privatheitserwartung stützen, dass der Arbeitgeber nur auf Videodateien Zugriff nehmen wird, die - bei erstmaliger Sichtung - nicht älter als 96 Stunden sind. 3. Zur Kontrolle geleisteter Arbeitszeiten ist eine Videoüberwachungsanlage an den Eingangstoren eines Betriebsgeländes in der Regel weder geeignet noch erforderlich. 4. Der - erstmalige - Zugriff auf Videoaufzeichnungen, die mehr als ein Jahr zurückliegen, ist zum Zwecke der Aufdeckung eines behaupteten Arbeitszeitbetruges regelmäßig nicht angemessen. Solche Daten unterliegen im Kündigungsschutzprozess einem Beweisverwertungsverbot.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 11.9.2020 - 6 Ca 116/19 - sowie ihr Auflösungsantrag werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Normenkette:

BGB § 626 Abs. 1; GewO § 109;