BGH - Urteil vom 06.06.2023
VI ZR 309/22
Normen:
BGB § 823; BGB § 1004 Abs. 1 S. 2; KUG § 22; KUG § 23; GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 5;
Fundstellen:
GRUR 2023, 1472
MDR 2023, 1317
MMR 2023, 839
ZUM 2023, 708
Vorinstanzen:
LG Köln, vom 28.07.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 28 O 391/20
OLG Köln, vom 17.03.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 173/21

Teilweise Unzulässigkeit einer Filmberichterstattung über eine Kindesentführung wegen Schutzbedürftigkeit des Opfers; Zuordnung eines Bildnisses dem Bereich der Zeitgeschichte

BGH, Urteil vom 06.06.2023 - Aktenzeichen VI ZR 309/22

DRsp Nr. 2023/10190

Teilweise Unzulässigkeit einer Filmberichterstattung über eine Kindesentführung wegen Schutzbedürftigkeit des Opfers; Zuordnung eines Bildnisses dem Bereich der Zeitgeschichte

Zur teilweisen Unzulässigkeit einer Filmberichterstattung über eine Kindesentführung wegen Schutzbedürftigkeit des Opfers.

Zwar gehört eine Straftat zum Zeitgeschehen im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist; insofern besteht ein nicht unerhebliches Berichterstattungsinteresse. Dennoch ist ein Betroffener als damals minderjähriges Opfer einer schweren Straftat in ganz besonderem Maße schutzwürdig. Dabei umfasst der gebotene Schutz nicht nur die Verhinderung einer erstmaligen Identifikation eines bis dahin in der Öffentlichkeit unbekannten Opfers. Vielmehr kann das Opfer einer Straftat nach einem gewissen Zeitablauf Anspruch darauf haben, selbst zu entscheiden, ob sein Bildnis noch zur Illustration und erneuten Vergegenwärtigung seiner damaligen Opferrolle verwendet werden darf. Das gilt insbesondere nach einem erheblichen Zeitablauf und einem entsprechend nachlassenden öffentlichen Interesse an seiner Person und seiner Persönlichkeit.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. März 2022 aufgehoben.