BVerfG - Beschluß vom 06.10.1970
2 BvL 17/68
Normen:
AO § 376 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 Art. 92 ; RAO § 419 Abs. 2 ; StGB §§ 78 ff. ;
Fundstellen:
BVerfGE 29, 148
BStBl II 1971, 10
WM 1970, 1449
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, vom 15.08.1968 - Vorinstanzaktenzeichen 22 Ms (Ns) 19/66 - (79/68 I

Verfassungsmäßigkeit des § 419 Abs. 2 Reichsabgabenordnung

BVerfG, Beschluß vom 06.10.1970 - Aktenzeichen 2 BvL 17/68

DRsp Nr. 1995/8991

Verfassungsmäßigkeit des § 419 Abs. 2 Reichsabgabenordnung

1. Es besteht kein verfassungsrechtlicher Grundsatz des Inhalts, daß die Unterbrechung der (Verfolgungs-) Verjährung nur an einen Akt der Rechtsprechung angeknüpft werden dürfte.2. Eine Regelung, wonach die Verfolgungsverjährung auch durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens der Finanzbehörden unterbrochen wird, verstößt weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch gegen das allgemeine Willkürverbot.

Normenkette:

AO § 376 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 Art. 92 ; RAO § 419 Abs. 2 ; StGB §§ 78 ff. ;

Gründe:

I.

1. Abweichend von der Regelung des § 68 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) war im Steuerstrafrecht schon unter der Geltung des § 419 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161) - AO 1931 - die Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung auch auf andere Weise als durch die Vornahme richterlicher Handlungen möglich. § 419 Abs. 2 AO 1931 lautete:

Die Einleitung der Untersuchung und der Erlaß eines Strafbescheids unterbrechen die Verjährung gegen den, gegen den sie gerichtet sind.

Aufgrund des Art. 1 Nr. 9 des am 13. August 1967 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 10. August 1967 (BGBl. I S. 877) - im folgenden: AOStrafÄndG 1967 - erhielt § 419 Abs. 2 AO 1931 folgende Fassung: