Gestaltungshinweise

Grundsätzlich besteht bei Erstellung und Vorsteuerabzug eine Gleichbehandlung zwischen elektronischen Rechnungen und Papierrechnungen. Dies ist jedenfalls die Vorgabe aus dem Europäischen Recht.

Der Rechnungsbegriff ist in § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG definiert. Danach ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, eine Rechnung. Gleichgültig ist dabei, wie das Dokument im Rechtsverkehr bezeichnet wird. Bei einer Rechnung müssen die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet sein. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach dem UStG erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Daher muss vor allem die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt sein. Schließlich ist eine Rechnung nach Auffassung des BMF lesbar, wenn sie für das menschliche Auge lesbar ist.

Zur Gewährleistung dieser Voraussetzungen kommt jedes innerbetriebliche Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft, in Betracht. Dazu ist zunächst erforderlich, dass der Unternehmer die Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung abgleicht.

Die Finanzverwaltung erwartet jedoch noch die Einhaltung weiterer Sorgfaltspflichten. Unternehmer werden schon regelmäßig im eigenen Interesse u.a. die folgenden Dinge überprüfen:

die in Rechnung gestellte Leistung ist tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht,

mit dem Rechnungsaussteller besteht eine Geschäftsbeziehung, d.h., im Regelfall wurde mit ihm ein Vertrag über die Leistung geschlossen,

der Rechnungsaussteller besitzt somit einen entsprechenden Zahlungsanspruch,

die Zahlung erfolgt auch an den richtigen Zahlungsempfänger, insbesondere ist die Kontoverbindung zutreffend

Praxistipp

Sind bei einer Rechnung die genannten Kriterien zutreffend, geht die Finanzverwaltung von einer inhaltlich richtigen Rechnung aus. Dies rechtfertigt dann auch die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. Im Ergebnis liegt dann eine echte, weder gefälschte noch verfälschte Rechnung vor.

Für die Einhaltung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens müssen keine neuen speziellen Verfahrensweisen innerhalb des Unternehmens geschaffen werden. Ein entsprechend eingerichtetes Rechnungswesen, das die Zuordnung der Rechnung zur empfangenen Leistung ermöglicht, kann als geeignetes Kontrollverfahren dienen. Es muss sich dabei nicht um ein "technisches" oder EDV-gestütztes Verfahren handeln. Daher können auch in kleinen Unternehmen, die über kein kaufmännisches Rechnungswesen verfügen, "innerbetriebliche Kontrollverfahren" zur Überprüfung eingehender Rechnungen angewandt werden. In der einfachsten Form kann dies nach Auffassung der Finanzverwaltung z.B. durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit der Bestellung und ggf. dem Lieferschein geschehen.

Die Einrichtung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens zur Überprüfung von Papierrechnungen und elektronischen Rechnungen führt zu keinen neuen Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten. Ein Unternehmer legt selbst fest, in welcher Weise Rechnungen überprüft werden, um zu gewährleisten, dass keine Änderungen vorgenommen wurden und die Rechnung vom zutreffenden Rechnungsaussteller versendet wurde.

Die genannten Anforderungen an eine Rechnung sind bei einer Papierrechnung im Regelfall durch den Unternehmer leicht einzuhalten. Änderungen dürften sich für die Praxis aus der gesetzlichen Neuregelung bei konventionellen Papierrechnungen daher nicht ergeben. Bei elektronischen Rechnungen sind die genannten Voraussetzungen jedoch problematisch. Das BMF hat im Schreiben vom 02.07.2012 - IV D 2 - S 7287-a/09/10004 :003, BStBl I, 726, zu den Anforderungen an eine elektronische Rechnung ausführlich Stellung genommen.

Eine Rechnung kann auch aus einer Vielzahl von Einzeldokumenten bestehen (Abschn. 14.1 Abs. 1 Satz 1 UStAE). Unerheblich ist die Bezeichnung des Dokuments. Entscheidend ist, dass eine entsprechende Abrechnung in dem Dokument erfolgt. Ungeachtet der Bezeichnung sind von der Rechnung die Dokumente zu unterscheiden, die sich lediglich auf den Zahlungsverkehr beziehen. Dazu gehören beispielsweise Kontoauszüge, Gutschriften oder Mahnungen. In diesen Dokumenten wird nur die Zahlung zwischen den Parteien und damit die Geldbewegung dokumentiert. Selbst wenn diese Dokumente alle in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthalten, sind es keine Rechnungen.

Eine Rechnung kann in einer beliebigen Sprache abgefasst sein. Es muss insbesondere nicht die Bezeichnung Rechnung in dem Dokument enthalten sein. Dem steht § 87 Abs. 1 AO nicht entgegen. Allerdings sind diese Urkunden auf Verlangen der Finanzbehörde unverzüglich in übersetzter Form zur Verfügung zu stellen; in begründeten Fällen sogar in beglaubigter Übersetzung von einem öffentlich bestellten und vereidigten Dolmetscher oder Übersetzer. Die Finanzbehörde entscheidet darüber nach pflichtgemäßem Ermessen. Wegen der zunehmenden Internationalisierung des Warenverkehrs dürften hier an die Ermessungsausübung strenge Maßstäbe anzulegen sein. Insbesondere ist bei einer Vielzahl von Rechnungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Im Einzelfall kann es auch ausreichend sein, einzelne exemplarische Rechnungen zu übersetzen. Außerdem ist bei der Verhältnismäßigkeit die Sprache zu berücksichtigen. Es erscheint unverhältnismäßig, Dokumente übersetzen zu müssen, die z.B. in Englisch vorliegen.

Praxistipp

Gutschriften gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG sind den Rechnungen gleichgestellt. In der Praxis ist aber immer genau zu untersuchen, ob das mit "Gutschrift" bezeichnete Dokument überhaupt eine Gutschrift i.S.d. UStG darstellt und damit einer Rechnung gleichgestellt ist. Vielfach werden auch Korrekturabrechnungen über Rechnungen als Gutschriften bezeichnet. Diese Korrekturdokumente stellen jedoch keine Gutschrift i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG dar.

Nicht in allen Fällen ist gem. § 15 Abs. 1 UStG Voraussetzung für den Vorsteuerabzug der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung. Die folgenden Vorsteuerbeträge können auch ohne ordnungsgemäße Rechnung beansprucht werden:

die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für das Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt wurden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG),

die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für das Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG),

die Steuer für Leistungen i.S.d. § 13b Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1-10 UStG, wenn der Leistungsbezug für das Unternehmen erfolgt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG),

die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG geschuldete Steuer für Umsätze, die für das Unternehmen ausgeführt worden sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UStG)