Zuordnung von Leistungen und Gegenständen

Grundsätzlich hat eine Zuordnung der dem Unternehmer zuzurechnenden Gegenstände zum Rahmen des Unternehmens bzw. zum nichtunternehmerischen Bereich zu erfolgen. Dabei erfolgt die Zuordnung zum Unternehmensvermögen nach anderen Grundsätzen als die ertragsteuerliche Zuordnung zum Betriebsvermögen. In seinen neueren Urteilen verwendet der BFH unter Rückgriff auf die Terminologie der MwStSystRL die Begriffe "wirtschaftliche" und "nichtwirtschaftliche" Tätigkeiten. Diese entsprechen wegen der Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 UStG den bisher verwendeten Begriffen "unternehmerisch" und "nichtunternehmerisch". An diesen Begriffen soll weiterhin festgehalten werden. Der bisherige Bereich der nichtunternehmerischen Tätigkeiten ist in nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinne (nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S.) und unternehmensfremde Tätigkeiten zu unterteilen. Als unternehmensfremde Tätigkeiten gelten Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche Person, für den privaten Bedarf seines Personals oder für private Zwecke des Gesellschafters. Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S. sind alle nichtunternehmerischen Tätigkeiten, die nicht unternehmensfremd (privat) sind, wie z.B.:

unentgeltliche Tätigkeiten eines Vereins, die aus ideellen Vereinszwecken verfolgt werden (vgl. BFH, Urt. v. 06.05.2010 - V R 29/09, BStBl II, 885, Rdnr. 24),

hoheitliche Tätigkeiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts; L: Juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. BFH, Urt. v. 03.03.2011 - V R 23/10, Rdnr. 28),

das Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, wenn die Beteiligung nicht im Unternehmensvermögen gehalten wird.

Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 02.01.2012 - IV D 2 - S 7300/11/10002. Ob und inwieweit ein Gegenstand zum Unternehmensvermögen gehört und damit den wirtschaftlichen Tätigkeiten zuzuordnen ist, richtet sich nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls. Es ist zu unterscheiden zwischen den sogenannten vertretbaren Sachen, die sich nach Zahl, Maß oder Gewicht aufteilen lassen (z.B. Gas oder Strom), und den einheitlichen Gegenständen. Vertretbare Sachen werden zwingend mit dem unternehmerischen Anteil dem Unternehmensvermögen zugerechnet. Einheitliche Gegenstände unterliegen aufwendigeren Regelungen. Folgende Varianten sind möglich:

1.

Soll ein Gegenstand bereits bei Bezug unmittelbar und direkt für die unternehmerische Tätigkeit eingesetzt werden, er also vollständig unternehmerisch genutzt wird, gehört er zwingend zum Unternehmensvermögen.

2.

Wird ein Gegenstand zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt, gehört er zwingend dem nichtunternehmerischen Bereich an.

3.

Wird ein Gegenstand gemischt, d.h. teilweise unternehmerisch (mindestens zu 10 %) und teilweise nichtunternehmerisch genutzt, hat hinsichtlich der nichtunternehmerischen Nutzung eine Unterscheidung zu erfolgen. Soweit ein Zusammenhang mit einer unternehmensfremden (privaten) Nutzung besteht, hat der Unternehmer grundsätzlich ein Zuordnungswahlrecht. Besteht jedoch im Bereich der nicht unternehmerischen Nutzung ein Zusammenhang mit einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit im engeren Sinne (siehe oben), kommt insbesondere der Vorsteuerabzug nur hinsichtlich der unternehmerischen Nutzung in Betracht.

Bei gemischt genutzten Gegenständen wird das Wahlrecht, das grundsätzlich vom Unternehmer ausgeübt wird, durch § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG eingeschränkt: "Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt eine Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstandes, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt." Im Ergebnis sind somit auch Gegenstände, die zu mehr als 90 % nicht unternehmerisch genutzt werden, in vollem Umfang dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Diese Zuordnungssperre ist gemeinschaftsrechtlich zulässig, solange die Ermächtigung des Rats der Europäischen Union gilt (vgl. die ausführlichen Erläuterungen zur Mindestnutzungsgrenze im Stichwort "Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG"). Im Bereich zwischen 10 % und 100 % unternehmerischer Nutzung trifft damit der Unternehmer die Entscheidung für entweder die volle Zuordnung zum Unternehmensvermögen, die volle Zuordnung zum Privatvermögen oder die anteilige Zuordnung und damit die Aufteilung des Gegenstands auf Unternehmens- und Privatvermögen, jeweils soweit die nichtunternehmerische Nutzung eine unternehmensfremde (private) Nutzung ist. Im Fall der Aufteilung wird der nichtunternehmerische Anteil als separater Gegenstand angesehen. Dabei erfordert die Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen eine durch objektive Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung.

Diese ist bei Anschaffung bzw. Herstellung zu treffen und zeitnah zu dokumentieren. Spätestens und mit endgültiger Wirkung kann in der Umsatzsteuererklärung des Jahres, in das die Anschaffung oder Herstellung fällt, eine entsprechende Dokumentation erfolgen. Dabei ist der 31.07. des jeweiligen Folgejahres als regulärer Endabgabetermin der Steuererklärung der letztmögliche Zeitpunkt der Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung zu beachten, unabhängig von gewährten Fristverlängerungen für die Abgabe von Steuererklärungen.

Hinweis

Eine Besonderheit gilt bei teilunternehmerisch genutzten Grundstücken. Hier enthält § 15 Abs. 1b UStG eine Vorsteuerabzugsbeschränkung, die jedoch nicht das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers berühren soll. Einzelheiten ergeben sich aus Abschn. 15.6a UStAE. Es wird auf die Erläuterungen zum Vorsteuerausschluss bei einem teilunternehmerisch genutzten Grundstück im Rahmen des Stichworts "Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 UStG" hingewiesen.

Üblicherweise wird das Wahlrecht mit der Vornahme des vollen, des teilweisen oder keines Vorsteuerabzugs ausgeübt. Kommt dagegen der Vorsteuerabzug bereits aus anderen Gründen nicht in Betracht (z.B. weil der Gegenstand von einer Privatperson und damit ohne Recht auf Vorsteuerabzug erworben wurde, weil er für steuerfreie Umsätze verwendet wird, die den Vorsteuerabzug grundsätzlich ausschließen oder weil über den Erwerber keine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt), und kann eine Zuordnungsentscheidung nicht an einer eindeutigen Erklärung des Unternehmers abgelesen werden, ist die Zuordnung anhand anderer Merkmale zu prüfen (Auftreten des Unternehmers bei An- und Verkauf unter dem Firmennamen, Versicherung des Gegenstands betrieblich oder privat).

Beachte: Die bilanzielle Behandlung oder eine ertragsteuerrechtliche Zuordnung ist dabei jedoch nicht ausschlaggebend. Auch die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus Reparatur- oder Betriebsaufwendungen für den Gegenstand ist nicht entscheidend.

Gibt es keine Beweisanzeichen für die Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (BFH, Urt. v. 28.02.2002, BStBl II 2003, 815).

Praxistipp

Bei Gegenständen, die ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs erworben wurden, empfiehlt sich grundsätzlich die Zuordnung zum Privatvermögen. Die Zuordnung zum Unternehmensvermögen führt bei einer eventuellen Veräußerung zur Belastung mit Umsatzsteuer. Dagegen erfolgt bei der Entnahme eines solchen Gegenstands aus dem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG keine Besteuerung.

Die Rechtsfolgen der als zwingend vorzunehmenden Zuordnung bzw. der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers sind erheblich: