Auch Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit können bei Überschreiten der Bagatellgrenze dazu führen, dass die weiteren Einkünfte einer ansonsten vermögensverwaltenden Personengesellschaft umqualifiziert werden.
Das hat der BFH entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung zur sog. Abfärberegelung aufgegeben. Hintergrund ist die zwischenzeitliche Gesetzesänderung in § 15 Abs. 3 EStG.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 30.06.2022 (IV R 42/19) entschieden, dass auch bei Verlusten aus einer gewerblichen Tätigkeit diese zur Umqualifizierung der weiteren aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit erzielten Einnahmen führen, wenn die sogenannte Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtumsätze überschritten wird.
Der BFH ändert dadurch seine bisher in dieser Hinsicht vertretene Rechtsauffassung.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin ist eine GbR, die ihre Einkünfte aus der Verwaltung und Vermietung von Grundstücken zur Einkünfteerzielung bezog. Auf einem der durch die Klägerin verwalteten Grundstücke errichtete sie eine Photovoltaikanlage.
Im Streitjahr erzielte die Klägerin sowohl aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage als auch aus den weiteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust. Der Gesamtumsatz betrug 113.484 €, wovon 8.472 € auf die Photovoltaikanlage entfielen.
Das Finanzamt veranlagte daraufhin die gesamten Einkünfte der GbR als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ebenso ohne Erfolg wie die anschließende Klage beim Finanzgericht (FG). Der BFH wies die gegen das FG-Urteil eingelegte Revision ebenfalls als unbegründet zurück.
Infektion durch gewerbliche Einkünfte
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, einer KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder gewerbliche Einkünfte aus einer Beteiligung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG bezieht.
Dies gilt unabhängig davon, ob ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Erzielt eine vermögensverwaltende Personengesellschaft auch nur teilweise Einkünfte aus Gewerbebetrieb, so werden dadurch automatisch sämtliche Einkünfte der Gesellschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert.
Von der Rechtsprechung wurde jedoch eine Bagatellgrenze entwickelt, die zwischenzeitlich auch von der Finanzverwaltung übernommen worden ist (15.8 Abs. 5 EStH - Bagatellgrenze).
Eine Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG tritt danach nicht ein, wenn der auf die gewerblichen Einkünfte entfallende Umsatzanteil nicht mehr als 3 % der Gesamtumsätze der Gesellschaft beträgt und einen Betrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigt.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Im Streitfall überstieg der auf die gewerblichen Einkünfte entfallende Umsatzanteil die 3 % an den Gesamtumsätzen. Daher war grundsätzlich eine Umqualifizierung der Einkünfte erforderlich.
Im Jahr 2018 hatte der BFH jedoch zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. geurteilt, dass das Überschreiten der 3-%-Grenze nicht zur Umqualifizierung von Einkünften aus vermögensverwaltender Tätigkeit in gewerbliche Einkünfte führt, wenn aus der gewerblichen Tätigkeit ein Verlust erzielt wird.
Aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung, die auch rückwirkend anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber jedoch festgehalten, dass auch ein Verlust zu der Infektion der weiteren Einkünfte führt. Somit ist die damalige Rechtsprechung des BFH aufgrund der Gesetzesänderung überholt.
Praxishinweis: Insbesondere für Gesellschaften, die lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen - aber auch für Freiberufler -, ist die Umqualifizierung von Einkünften stets eine Gefahr, da dadurch hohe Mehrsteuern entstehen können oder das Vermögen der Gesellschaft auf einmal als Betriebsvermögen steuerverhaftet ist.
Durch die Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat sich diese Gefahr noch verschärft, da nunmehr auch Verluste zu einer Umqualifizierung führen. Steuerpflichtige sollten daher etwaige gewerbliche Tätigkeiten klar von ihren weiteren erzielten Einkünften trennen, um eine Infektion dieser Einkünfte zu vermeiden.
BFH, Urt. v. 30.06.2022 - IV R 42/19
Erstellt von Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)