Wann greift die Steuerpflicht beim Erhalt von Aktien im Zuge einer Wandelanleihe? Nach dem BFH gilt: Wenn ein Finanzunternehmen eine Wandelanleihe für einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg erworben hat, ist die Veräußerung der Aktien, die durch die Wandlung bezogen worden sind, steuerpflichtig.
Im Streitfall ging der BFH bei einer Wertpapiere handelnden GbR von einem Finanzunternehmen aus.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss vom 13.10.2021 (I R 37/18) dazu Stellung genommen, ob die Veräußerung von Aktien, die nach dem Erwerb entsprechender Wandelanleihen in Aktien umgewandelt wurden, steuerpflichtig ist.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende GbR ist eine Wertpapierhandelsgesellschaft, deren einer Gesellschafter eine rechtsfähige Stiftung war. Zudem war die GbR an der gewerblich tätigen A KG beteiligt. Im Streitjahr erwarb die GbR Wandelanleihen zweier in den Niederlanden ansässiger Gesellschaften.
Die Anleihen enthielten jeweils die Option zum Erwerb von Aktien. Die GbR übte die jeweilige Option gegenüber den Emittenten aus und erhielt im Gegenzug Aktien, die sie mit Gewinn veräußerte.
Die GbR hatte in ihrer Gewinnermittlung den Erwerb der Wandelanleihen als Betriebsausgabe qualifiziert und den auf die Stiftung entfallenden Anteil des Veräußerungsgewinns zu 95 % als steuerfrei behandelt.
Mit dem Finanzamt entstand hierüber Streit. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.
Die GbR als Finanzunternehmen
Für den BFH war die GbR beim Erwerb der Wandelanleihen ein Finanzunternehmen. Sie handelte mit Finanzinstrumenten, und das Halten der Beteiligung an der A KG ist als finanzunternehmerische Tätigkeit anzusehen.
Dabei ist es für die Qualifikation der GbR als Finanzunternehmen unschädlich, dass die finanzunternehmerischen Aktivitäten vornehmlich über Depotbanken abgewickelt wurden. In diesem Zusammenhang ist der GbR die auf ihre Rechnung ausgeübte (handelnde) Tätigkeit der beauftragten Depotbank uneingeschränkt zuzurechnen.
Der Ausschluss der Steuerfreiheit gilt für solche Anteile, die von dem Finanzunternehmen mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben werden.
Der Begriff der Eigenhandelsabsicht setzt eine Handelsabsicht mit dem Zweck des ggf. kurzfristigen Wiederverkaufs aus dem eigenen Bestand voraus, die darauf abzielt, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis zu nutzen und dadurch einen Eigenhandelserfolg zu erzielen.
Zudem umfasst der Begriff des Eigenhandelserfolgs den Erfolg aus jeglichem „Umschlag“ von Anteilen auf eigene Rechnung. Ein Erwerb von Anteilen i.S.d. § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG ist in erster Linie gegeben, wenn er auf einen Veräußerungsvorgang (Erwerb von einem Dritten) zurückzuführen ist.
Im Besprechungsfall liegt danach für den BFH ein Anteilserwerb vor. Bereits der Wortlaut lässt es zu, die Aktienlieferung als Folge der Ausübung des Wandlungsrechts als Erwerb zu betrachten. In diesem Sinne hat die GbR nach Ausübung des Wandlungsrechts Aktien der Kapitalgesellschaften erworben.
Zudem entspricht diese Auslegung den allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zur Behandlung der Wandelanleihe. Danach handelt es sich bei deren Erwerb und der späteren Aktienlieferung um einen einheitlichen Vorgang.
Es entspricht schließlich auch dem Zweck der Regelung in § 8b Abs. 7 KStG, Kreditinstituten und Finanzunternehmen i.S.d. Kreditwesengesetzes (KWG) die Verrechenbarkeit von Gewinnen und Verlusten aus dem kurzfristigen Eigenhandel mit Aktien zu erhalten und die aus der Wandelanleihe hervorgegangene Aktie dem Steuerfreistellungsregime des § 8b KStG zu entziehen.
Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze zur Behandlung von Wandelanleihen bei Finanzunternehmen weiter konkretisiert: Hat ein Finanzunternehmen eine Wandelanleihe in der Absicht erworben, einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen, und veräußert es die durch Wandlung erhaltenen Aktien, so erfüllt dies den Tatbestand des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG.
BFH, Beschl. v. 13.10.2021 - I R 37/18
Erstellt von Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht