Der Koalitionsvertrag sah eine Abschaffung der Abgeltungsteuer für Zinserträge vor. Anschließend hörte man längere Zeit nichts mehr von diesem Projekt – bis im Frühjahr 2019 Finanzminister Olaf Scholz plötzlich seine Pläne vorstellte, eine komplette Abschaffung der Abgeltungsteuer zu prüfen.
Der Aufschrei und die Bedenken bei Finanzexperten war groß: Wenn auch Dividenden und andere Ausschüttungen zu einem meist höheren persönlichen Steuersatz veranlagt werden, würde dies die Unternehmensbesteuerung in ein Chaos stürzen.
Was steckt hinter den Plänen des BMF?
Zunächst einmal stellt sich die Frage: Warum lässt Olaf Scholz überhaupt prüfen, die Abgeltungsteuer komplett abzuschaffen? Laut BMF steht dahinter die Befürchtung, dass eine isolierte Abschaffung der Abgeltungsteuer ausschließlich für Zinsen eine Welle von neuen Steuersparmodellen auslöst.
Allerdings sehen Finanzexperten auch die komplette Abschaffung kritisch. Bisher ist es so, dass die steuerliche Belastung von Ausschüttungen bei Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften dank der ausgleichenden Wirkung von Körperschaft-, Gewerbe-, Einkommen- und eben Abgeltungsteuer ungefähr gleich hoch ausfällt.
Ohne Abegltungsteuer müssten aber aber Anteilseigner von Kapitalgesellschaften plötzlich mehr Steuern zahlen als die von Personengesellschaften. Die Rechtsformneutralität der Besteuerung fiele weg und die Höhe der Belastung hätte einen Einfluss auf die Wahl der Rechtsform.
Bei Abschaffung der Abgeltungsteuer müssten auch andere Unternehmensteuern reformiert werden
Um dies zu verhindern, müssten bei kompletter Abschaffung der Abgeltungsteuer im Gegenzug auch die Körperschaft- und Gewerbesteuer gesenkt werden. Ob Olaf Scholz dies innerhalt der SPD durchsetzen kann, ist allerdings sehr fraglich.
Kleine Anfrage im Parlament bleibt ohne konkrete Antwort
Wie ist der aktuelle Stand der Überlegungen des BMF rund um die Abgeltungsteuer? Als Antwort auf eine kleine Anfrage im Bundestag verwies die Regierung lediglich darauf, dass zunächst der internationale steuerliche Informationsaustausch etabliert sein müsse.
Erst wenn die deutschen Finanzbehörden über Zinseinkünfte einheimischer Anleger im Ausland Bescheid wissen, ist der Weg für die Abschaffung der Abgeltungsteuer frei. Deshalb wird es bei der Abgeltungsteuer wohl erst ab 2020 zu Änderungen kommen. Wie diese konkret aussehen, wird auch erst dann weiter diskutiert werden.