Abschreibungen dienen im Ertragsteuerrecht nicht nur der gleichmäßigen Verteilung von Anschaffungs- und Herstellungskosten auf mehrere Jahre, sondern - von politischer Seite - auch als Instrument, um Anreize für Investitionen zu schaffen. Werfen wir daher einen Blick auf die aktuellen AfA-Varianten und schauen darüber hinaus kurz in die Zukunft, denn die Bundesregierung plant bereits weitere Neuerungen.
Grundlage der Abschreibung - § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG
Abzuschreiben sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter, die voraussichtlich mehr als ein Jahr im Betrieb genutzt werden. Der Gesetzgeber stellt hierbei auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ab, die von der Lebensdauer des Wirtschaftsguts zu unterscheiden ist. Denn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beschreibt nur, wie lange das jeweilige Wirtschaftsgut üblicherweise in einem Betrieb verwendet wird.
Beispiel: Ein Kfz hat eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von sechs Jahren. Wie wir aber alle wissen, sind Pkws tatsächlich deutlich länger nutzbar - ihre durchschnittliche Lebensdauer liegt bei rund zehn Jahren.
Abzuschreiben ist immer von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Besteht ein Recht auf Vorsteuerabzug, sind die Nettoanschaffungskosten Bemessungsgrundlage der Abschreibung; im Übrigen sind es die Bruttokosten.
Tipp: Das BMF hat für nahezu alle Wirtschaftsgüter oder zumindest für ihre Oberkategorien betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern festgelegt. Die amtlichen AfA-Tabellen finden Sie auf den Seiten des BMF unter www.bundesfinanzministerium.de.
Fragen und Antworten zur AfA
Im Folgenden schauen wir uns die einzelnen einkommensteuerrechtlichen AfA-Tatbestände an, erläutern Besonderheiten und beantworten häufig gestellte Fragen zur Abschreibung.
1. Wie schreibe ich Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ab?
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens unterliegen grundsätzlich keiner Abschreibung. Sie bleiben daher bis zu ihrer Ausbuchung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert.
Ausnahme: Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, darf dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Entfällt allerdings der Grund für die Wertminderung, ist eine Zuschreibung - bis maximal zur Höhe der Anschaffungs-/Herstellungskosten - vorzunehmen.
2. Was ist der allgemeine AfA-Grundsatz für bewegliche Wirtschaftsgüter?
Der allgemeine AfA-Grundsatz ist in § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG geregelt. Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden gleichmäßig über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Es gilt der Grundsatz „pro rata temporis“, d.h. die Abschreibung ist zeitanteilig vorzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut zu Jahresbeginn noch nicht im Betriebsvermögen war.
Beispiel: Ein Einzelunternehmer erwirbt am 01.07.2024 einen Pkw für 100.000 € netto. Diesen schreibt er über sechs Jahre ab, was eine jährliche AfA i.H.v. 16.667 € ergibt. Im Jahr 2024 steht ihm diese Abschreibung nur zur Hälfte zu, d.h. i.H.v. 8.333 €, denn das Fahrzeug war nur ein halbes Jahr im Betriebsvermögen.
3. Was gilt bei außergewöhnlicher Abnutzung?
Eine außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung ist bei der Berechnung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG). Letztere wird entsprechend verkürzt, das verbleibende AfA-Volumen ist in dem Jahr voll anzusetzen, in dem die außergewöhnliche Abnutzung eintritt bzw. spätestens in dem Jahr, in dem der Schaden entdeckt wird.
Beispiel: Ein zum 01.01.2024 beschaffter Pkw fängt Ende 2027 Feuer und verbrennt vollständig. Sein Wert sinkt auf 0 €. Die Abschreibung des Kaufpreises von 100.000 € netto stellt sich wie folgt dar:
Jahr | Abschreibung |
2024 | 16.667 € |
2025 | 16.667 € |
2026 | 16.667 € |
2027 | 49.999 € |
In diesem Fall wurde die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf vier Jahre verkürzt, was eine Abweichung vom Grundsatz des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG erforderlich macht.
Wird das Wirtschaftsgut nicht zerstört, sondern nur erheblich beschädigt, kann der Unternehmer die Wertminderung ansetzen. Sie ist im Zweifel gutachterlich oder durch geeignete Belege (z.B. Inserate vergleichbarer Wirtschaftsgüter) nachzuweisen.
4. Wie wird ein Firmenwert abgeschrieben?
Gewerbliche und land- und forstwirtschaftliche Firmenwerte werden nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über einen Zeitraum von 15 Jahren abgeschrieben, wenn sie entgeltlich erworben wurden (§ 5 Abs. 2 EStG). Auch hier gilt der Grundsatz der zeitanteiligen Abschreibung.
Praxiswerte von Freiberuflern i.S.d. § 18 EStG werden über drei bis fünf Jahre abgeschrieben. Das liegt daran, dass sich das Vertrauensverhältnis zu Patienten oder Mandanten mit Ausscheiden des bisherigen Praxisinhabers i.d.R. schnell „verflüchtigt“, da freiberuflichen Tätigkeiten häufig eine enge persönliche Bindung zwischen Unternehmer und Kunden/Mandanten innewohnt (BFH, Urt. v. 24.02.1994 - IV R 33/93).
Beachte: Handelsrechtlich ist ein Geschäfts- oder Firmenwert über zehn Jahre abzuschreiben, wenn seine tatsächliche Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB).
5. Welche Regeln gelten für Computerhardware?
Bei Computerhardware kann der Unternehmer eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr ansetzen und die Anschaffungskosten damit sofort geltend machen (BMF-Schreiben v. 26.02.2021 - IV C 3 - S 2190/21/10002 :013). Auf ihre Höhe kommt es nicht an, auch der Grundsatz der zeitanteiligen Berücksichtigung findet keine Anwendung. „Computerhardware“ umfasst u.a.
- Rechner, Tastatur, Maus, Soundsystem, Kabel und Monitor,
- Notebooks, Tablets und Smartphones inkl. Zubehör,
- Drucker (auch mobile), Dockingstationen etc.
6. Wann kann der Unternehmer degressiv abschreiben?
Nach § 7 Abs. 2 EStG ist die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zulässig, wenn das Wirtschaftsgut
- nach dem 31.12.2019 und vor dem 01.01.2023 oder
- nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025
angeschafft oder hergestellt wurde. Der degressive AfA-Satz darf maximal das 2,5fache des üblichen AfA-Satzes betragen und 25 % pro Jahr nicht überschreiten.
Wesensmerkmal der degressiven Abschreibung ist, dass die Abschreibung des Folgejahres immer vom Restbuchwert des Wirtschafsguts am Vorjahresende vorgenommen wird.
Schreibt der Unternehmer ein Wirtschaftsgut für 100.000 € degressiv über fünf Jahre ab, beträgt die AfA im ersten Jahr 20.000 €. Im zweiten Jahr erfolgt die AfA vom Restbuchwert i.H.v. 80.000 €; sie beträgt damit nur noch 16.000 € usw.
Beachte: Die Bundesregierung plant aktuell, den Zeitraum für die Anschaffung oder Herstellung bis zum 01.01.2029 zu verlängern.
7. Ist ein Übergang von der degressiven zur linearen AfA möglich?
Nach § 7 Abs. 3 EStG ist ein Wechsel von der degressiven zur linearen AfA möglich. In diesem Fall bemisst sich die AfA vom Zeitpunkt des Übergangs an nach dem dann noch vorhandenen Restwert und der Restnutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsguts.
Beachte: Ein Übergang von der linearen zur degressiven Abschreibung ist dagegen nicht zulässig!
8. Welche Vereinfachungen gelten für geringwertige Wirtschaftsgüter?
Der Gesetzgeber sieht für den Ansatz geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) folgende Vereinfachungen vor:
- GWG-Regelung (§ 6 Abs. 2 EStG): Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts maximal 800 € netto, können sie sofort als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Eine Abschreibung über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist dann nicht erforderlich.
- Sammelposten (§ 6 Abs. 2a EStG): Der Unternehmer kann für Wirtschaftsgüter, die selbständig nutzbar sind (etwa Smartphones und Notebooks, nicht aber Tastaturen, Mäuse oder Drucker) und deren Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zwischen 250 € und 1.000 € netto liegen, einen Sammelposten bilden. Dieser ist dann über fünf Jahre, beginnend im Jahr der Bildung des Sammelpostens, gewinnmindernd aufzulösen und damit wie ein einzelnes Wirtschaftsgut zu behandeln.
Beispiel: Der Unternehmer kauft 100 Smartphones für jeweils 900 € netto. Er bildet einen Sammelposten im Umfang von 90.000 € und schreibt diesen über fünf Jahre ab. Eine separate Erfassung jedes einzelnen Smartphones entfällt.
Der Sammelposten wird auch dann über fünf Jahre abgeschrieben, wenn darin enthaltene Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen ausscheiden.
Beachte: Die Bundesregierung plant aktuell eine Überarbeitung der Regelung. Ab 2025 sollen Sammelposten für Wirtschaftsgüter gebildet werden können, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten netto mehr als 800 € und weniger als 5.000 € betragen.
9. Wann ist eine Sonderabschreibung möglich?
Nach § 7g Abs. 5 EStG können Unternehmer im Jahr der Anschaffung oder Herstellung bis zu 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sofort abziehen (Sonder-AfA). Dafür
- muss es sich bei dem Wirtschaftsgut um ein abnutzbares und bewegliches handeln,
- muss das Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen zugeordnet werden und
- darf es nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden.
Zu beachten ist die Gewinngrenze des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG. Der Betrieb darf im Wirtschaftsjahr des Abzugs der Sonder-AfA maximal 200.000 € Gewinn (ermittelt nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG) erwirtschaften.
Entsprechende Voraussetzungen gelten auch für den Investitionsabzugsbetrag (IAB). Dieser kann i.H.v. bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, höchstens jedoch 200.000 €, geltend gemacht werden. Der maximal mögliche IAB beläuft sich damit auf 100.000 €.
Nico Flegel
Dipl.-Finw. Nico Flegel ist bei der MR.Steuer AG in der Gestaltungsberatung tätig. Nebenberuflich schreibt er als Fachautor und Gutachter für verschiedene Publikationen, aber auch Steuerkanzleien.