Können die Anschaffungskosten für die Wiederbepflanzungsrechte im Weinbau im Wege der AfA abgeschrieben werden? Mit diesem Urteil sorgt der BFH nun für Klarheit:
Leitsätze:
- Wiederbepflanzungsrechte im Weinbau sind immaterielle Wirtschaftsgüter. Sie vermitteln dem Erzeuger das Recht, nach Rodung einer zulässig bestockten Rebfläche diese wieder mit Rebstöcken zu bepflanzen, und verkörpern damit letztlich das unionsrechtlich beschränkte Recht, Wein zu erzeugen.
- Es handelt sich bei diesen Rechten jedenfalls bis zum 30.06.2011 nicht um abnutzbare Wirtschaftsgüter. Denn zu diesem Zeitpunkt war ein Ende der Beschränkung des Weinbaus in der EU nicht absehbar.
BFH, Urteil v. 06.12.2017, VI R 65/15: Der Hintergrund
Streitig war, ob die Anschaffungskosten für die Wiederbepflanzungsrechte im Weinbau im Wege der AfA abgeschrieben werden konnten.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR, die einen Weinbaubetrieb führt. Den für das Streitjahr (2010) erklärten Gewinn stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) zunächst erklärungsgemäß fest. Der Bescheid stand nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin stellte der Prüfer fest, dass diese in den Jahren 1999 bis 2004 verschiedene Rebpflanzungsrechte entgeltlich erworben und die Anschaffungskosten erstmals ab dem Wirtschaftsjahr 2002/2003 auf eine Nutzungsdauer von zehn Jahren gleichmäßig verteilt hatte. Sämtliche Wiederbepflanzungsrechte wurden aufgrund von entsprechenden bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (Landwirtschaftskammer) gestellten Anträgen und von dieser erteilten Bescheiden zeitnah zum jeweiligen entgeltlichen Erwerb auf von der Klägerin bewirtschaftete Flächen übertragen.
Der Betriebsprüfer beurteilte die Rebpflanzungsrechte als nicht abschreibungsfähig. Rebpflanzungsrechte seien zwar immaterielle Wirtschaftsgüter. Sie könnten jedoch zeitlich unbegrenzt ausgeübt werden. Ein die Abschreibung rechtfertigender Wertverschleiß scheide daher aus. Die sich daraus ergebende Gewinnänderung nahm der Prüfer in der Bilanz zum 30. Juni 2011 vor.
Das FA änderte daraufhin den bisherigen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 und erhöhte den Gewinn der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1349 veröffentlichten Gründen ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Mai 2015 5 K 2429/12 sowie den Änderungsbescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 5. Juli 2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2012 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
BFH sorgt für Klarheit
Ein immaterielles Wirtschaftsgut ist abnutzbar, wenn seine Nutzung unter rechtlichen oder unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zeitlich begrenzt ist. Als Beispiele aus seiner Rechtsprechung nennt der BFH:
- wirtschaftlicher Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung,
- Zahlungsansprüche nach der GAP-Reform 2003,
- betriebsgebundene Zuckerrübenlieferrechte,
- Domain-Name,
- Belieferungsrecht und
- Milchlieferrechte.
Bei zeitlich begrenzten Rechten kann ausnahmsweise von einer unbegrenzten Nutzungsdauer ausgegangen werden, wenn sie normalerweise ohne weiteres verlängert werden, ein Ende also nicht abzusehen ist. Im Zweifel ist jedoch nach dem Grundsatz der Vorsicht von einer zeitlich begrenzten Nutzung auszugehen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der BFH die streitbefangenen weinbaulichen Wiederbepflanzungsrechte am maßgeblichen Bilanzstichtag (hier 30.06.2011) als nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter beurteilt. Auch wenn ein weinbauliches Wiederbepflanzungsrecht nach seiner Ausübung als Voll- oder Anwartschaftsrecht bestehen bliebe, komme AfA nicht in Betracht, denn die Pflanzungsrechte seien Ausfluss des in der EU geltenden Neuanpflanzungsverbots von Reben, dessen Ende zum maßgeblichen Bilanzstichtag (30.06.2011) nicht abzusehen war.
Hierzu legt der BFH ausführlich dar, dass aufgrund der stetigen Verlängerung des Anbaustopps in der Vergangenheit zu diesem Bilanzstichtag ein Ende der Beschränkung des Weinanbaus nicht abzusehen war. Vielmehr sei zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch davon auszugehen, dass die Zulässigkeit von Rebanpflanzungen zur Weinerzeugung aus Gründen der Marktordnung innerhalb der EU beschränkt blieb und damit Wiederbepflanzungsrechte auf Dauer angelegt und von unbegrenzter Nutzungsdauer waren.