Denkmalschutz führt bei Kaufpreisaufteilung für AfA-Zwecke nicht zur Unbeachtlichkeit des Bodenwerts

Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein denkmalgeschütztes Vermietungsobjekt, ist die Abschreibung nicht auf Grundlage des Gesamtkaufpreises zu ermitteln und damit so zu berechnen, als entfalle der Kaufpreis ausschließlich auf das Gebäude. Auch bei unter Denkmalschutz stehenden Immobilien hat der Grund und Boden einen eigenen, von der Immobilie getrennt zu betrachtenden Wert (vgl. BFH, Urt. v. 20.09.2022 - IX R 12/21, BStBl II 2024, 61).

FG Köln, Urt. v. 13.11.2024 - 2 K 1386/20, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: IX R 26/24)

Kurzfassung

Sachverhalt im Urteilsfall

Die Kläger waren zusammen veranlagte Ehegatten. Im Jahr 2003 erwarb der Kläger ein denkmalgeschütztes Haus im Zentrum einer mittelgroßen Stadt. Die Nutzfläche der Immobilie verteilte sich auf

  • ein Ladenlokal im Erdgeschoss,
  • Büro-, Lager- und Sanitärräume in den Obergeschossen und
  • weitere, nicht beheizte Lagerflächen im Dachgeschoss.

Insgesamt betrug die Nutzfläche der Immobilie rund 200 qm. Im Jahr 2007 nahm der Kläger mehrere Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten am Objekt vor. Außerdem erfolgten auf Wunsch des Mieters im Erdgeschoss einige "gewerbespezifische" Umbauten.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2003 und 2004 erklärten die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Als Einnahmen erklärten sie sämtliche Erlöse aus der Vermietung; im Umkehrschluss ermittelten sie Werbungskosten und insbesondere die AfA aber auf Grundlage des Gesamtkaufpreises. Eine Aufteilung auf Grundstück und Gebäude wurde nicht vorgenommen.

Auf Nachfrage des Finanzamts führten die Kläger Folgendes aus: Ein teilweiser Abzug für Grund und Boden sei nicht erfolgt, da aufgrund des Denkmalschutzes von einer unendlichen Restnutzungsdauer des Gebäudes auszugehen sei, was dazu führe, dass das Grundstück nicht wieder freigelegt werden könne und daher ein reiner Bodenwert in Zukunft nicht erzielbar sei.

Auffassung des Finanzamts und Klage gegen die Bescheide für 2003 und 2004

Das Finanzamt folgte dem Vorbringen der Kläger nicht. Es ermittelte einen Bodenanteil von 59 % und zog hierfür die Arbeitshilfe des BMF heran. Gegen die entsprechenden Bescheide richtet sich die Klage.

Im anschließenden Klageverfahren hatte das FG Köln (Urt. v. 07.09.2016 - 5 K 925/08) im Wesentlichen ausgeführt, dass bei Geschäftsgrundstücken im Privatvermögen grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung anhand der im Ertragswertverfahren festgestellten Verkehrswerte vorzunehmen sei, da hier vor allem Ertragsgesichtspunkte maßgeblich seien. Auf Basis des vom Gericht beauftragten Sachverständigen sei der Verkehrswert anhand des Ertragswertverfahrens ermittelt worden. Der vom Gutachter ermittelte Bodenwert sei nicht herabzusetzen. Ein Bodenwert bebauter Grundstücke sei gem. § 16 Abs. 1 ImmoWertV grundsätzlich im Wege des Vergleichsverfahrens nach § 15 ImmoWertV zu ermitteln, und zwar ohne Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück.

Im Streitfall sei der der Bodenrichtwertkarte zu entnehmende Bodenwert maßgeblich. Dass das aufstehende Gebäude unter Denkmalschutz stehe, habe auf diese Bewertung keinen Einfluss. Ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude könne, wie jedes andere Gebäude auch, untergehen oder seine Denkmaleigenschaft verlieren, weshalb die Bodenbewertung hiervon nicht abhängen könne.

Das Gebäude erwirtschafte seinen Ertrag vor allem durch die Verkaufsfläche im Erdgeschoss. Für das Ergebnis sei nicht von Bedeutung, welches der in § 17 ImmoWertV geregelten Ertragswertverfahren angewendet werde. Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht, wenn anstatt einer begrenzten Restnutzungsdauer die von den Klägern herangezogene "unendliche" Restnutzungsdauer angenommen würde. In einem solchen Fall sei entscheidend, dass die Instandhaltungskosten so anzusetzen seien, dass sie den ewigen Bestand der baulichen Anlagen gewährleisteten.

Sachverhalt im Streitjahr 2005

Im Streitjahr 2005 setzten die Kläger die AfA erneut auf Grundlage des Gesamtkaufpreises an und berücksichtigten keinen entsprechenden Bodenanteil. Das Finanzamt folgte dem mit Verweis auf die zuvor ergangene Entscheidung des FG Köln nicht und setzte die Abschreibung anhand eines Bodenanteils von 59 % und eines Gebäudeanteils von 41 % fest.

Die Kläger erhoben erneut Klage. Im Streitfall sei der Bodenwert im Ertragswertverfahren zu ermitteln und bei diskontierter Betrachtung mit 0 € anzusetzen, weil aus Denkmalschutzgründen eine gesetzliche Verpflichtung bestehe, das Grundstück für einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren nicht freizulegen.

Beauftragung eines Sachverständigen durch das FG

Auch im zweiten Verfahren beauftragte das FG einen Sachverständigen mit der Überprüfung der Behauptungen der Kläger. Er kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung (59 % Grund und Boden, 41 % Gebäude) weiterhin zutreffend sei.

Dem Gedankenmodell der Kläger, dass der Bodenwert eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes null betragen müsse, könne nicht gefolgt werden. Auf die Verkehrsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter komme es nicht an, da weder der Grund und Boden noch das Gebäude einzeln veräußerbar seien. Das Gebäude sei gem. § 94 BGB ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Im Streitfall sei auch eine bauliche Unterausnutzung des Grundstücks nicht feststellbar. Das aufstehende Gebäude weise einen schmalen Grundriss mit einer Ladenfront von 3,4 m auf. Konzeptionell hätte eine autarke Erschließung der Obergeschosse eine Verringerung des Grundrisses des Ladenlokals zur Folge. Dies würde sich auch bei einem Neubau nicht ändern.

Das Finanzamt bezog sich neben dem "neuen" auch auf die vorherigen Gutachten der Sachverständigen und beantragte, die Klage abzuweisen. Die Kläger trugen indes vor, die Einordnung des Sachverständigen sei in der Literatur zumindest strittig.

Erneute Entscheidung des FG: Der Bodenanteil beträgt 59 %!

Das FG hielt die Klage nicht für begründet und wies diese aus denselben Gründen wie in den Verfahren betreffend die Vorjahre 2003 und 2004 ab.

Im Hinblick auf zu gewerblichen Zwecken vermietete Objekte habe der BFH das Ertragswertverfahren als vorrangig zielführend eingestuft (vgl. BFH, Urt. v. 29.10.2019 - IX R 38/17, BStBl II 2021, 202). Hintergrund dieser Einstufung sei, dass bei solchen Geschäftsgrundstücken der Grundstückswert im Wesentlichen durch den nachhaltig erzielbaren Grundstücksertrag bestimmt werde (vgl. BFH, Urt. v. 24.02.1999 - IV B 73/98, NV).

Zur Konkretisierung der Verkehrswertermittlung habe der Gesetzgeber die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (ImmoWertV) geschaffen. Diese sei gem. § 53 Abs. 1 bei Verkehrswertgutachten, die ab dem 01.01.2022 erstellt werden, unabhängig vom Wertermittlungsstichtag in ihrer Fassung vom 14.07.2021 (BGBl I 2021, 2805) anzuwenden, wobei der gerichtlich bestellte Sachverständige dem zutreffend gefolgt sei.

Entgegen der Auffassung der Kläger folge auch keine Abzinsung des Bodenwerts bzw. eine Bodenwertdämpfung aus dem Umstand, dass das Grundstück mit einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude bebaut sei. Die Kläger gehen unter Hinweis auf das Baujahr des streitgegenständlichen Objekts davon aus, dass aufgrund der Denkmaleigenschaft das aufstehende Gebäude letztlich "unendlich" lang bestehen werde und daher dem Grunde nach von einer unendlichen Restnutzungsdauer auszugehen sei. Ein normales Geschäftsgebäude sei nach 60 bis 80 Jahren wirtschaftlich nicht mehr nutzbar und durch einen Neubau zu ersetzen; eine solche Möglichkeit bestehe im Fall des Denkmalschutzes aber nicht.

Das FG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Die aktuelle Nutzung des Objekts als Geschäftshaus setze offenkundig im Hinblick auf die technische und elektrische Ausstattung Anpassungen an den aktuellen Stand voraus. Dies werde auch in Zukunft so sein. Hieraus folge aber, dass das ursprünglich errichtete Gebäude nicht mehr die bauliche Anlage sei, die im Streitjahr oder heute ordnungsgemäß wirtschaftlich genutzt werden könne, sondern dass eine Vielzahl von Bau- und Modernisierungsmaßnahmen eine fortdauernde Nutzbarkeit überhaupt erst ermöglicht hätten. Dies bedeute, dass die wirtschaftliche Nutzbarkeit eine stetige Instandhaltung mit dem entsprechenden Aufwand voraussetze. Ausgehend vom Status quo sei somit gerade nicht von einer bestehenden unendlichen Restnutzungsdauer eines Objekts auszugehen.

Fazit

Die Entscheidung des FG Köln zeigt einmal mehr, welches Streitpotential in der Aufteilung von Gesamtkaufpreisen auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits steckt. Grundsätzlich gilt daher auch weiterhin, dass die Vertragsparteien die notwendige Aufteilung bereits im notariellen Kaufvertrag vornehmen sollten. Als Anhaltspunkt hierfür dient die Arbeitshilfe des BMF zur Kaufpreisaufteilung. Von den mithilfe der Arbeitshilfe ermittelten Werten kann zugunsten des Steuerpflichtigen in begrenztem Maße abgewichen werden, ohne dass die realen Wertverhältnisse "deutlich verfehlt" werden. In diesen Fällen bleibt die notarielle Kaufpreisaufteilung für das Finanzamt bindend.

FG Köln, Urt. v. 13.11.2024 - 2 K 1386/20, Rev. eingelegt (Az. beim BFH: IX R 26/24)

Diplom-Finanzwirt (FH) Nico Flegel, MR.Steuer AG, Dresden

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