Die frühere Ansparrücklage und ab 2007 der Investitionsabzugsbetrag bieten für Unternehmen Potenzial für steuerliche Gestaltungen. Allerdings stellt sich immer wieder die Frage, in welchen Fällen die Nutzung von Gestaltungsmitteln noch angemessen ist.
In einem aktuellen Fall vor dem BFH ging es um die Bildung von Ansparabschreibungen bzw. Ansparrücklagen für mehrere hochpreisige Pkws. Außerdem thematisierte das Gericht die Frage einer generellen Angemessenheit hoher Pkw-Aufwendungen.
Rechtlicher Rahmen:
- § 7g a.F. EStG beinhaltete ein System bilanzieller Rücklagenbildung und Sonderabschreibungen für die Anschaffung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, abhängig von der Größe des Betriebs.
- Ab 2007 gilt nun das System eines außerbilanziellen Investitionsabzugsbetrags und der erhöhten Abschreibungen. Seit 2016 wird auf den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung einer Investitionsabsicht für einen Investitionsabzugsbetrag verzichtet. Damit ist es nicht mehr erforderlich, das Investitionsgut näher zu beschreiben.
- Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen nicht als Betriebsausgabe abziehbar, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.
BFH, Urteil v. 23.01.2018, X R 33/16: Der Hintergrund
Die Klägerin war als Vermittlerin von Finanzanlagen tätig. Sie beschäftigte keine Mitarbeiter. Im Jahr 2004 wurde eine Ansparrücklage in Höhe von 260.000 € für einen italienischen Sportwagen gebildet. Gleichzeitig begehrte die Klägerin eine neue Ansparabschreibungin Höhe von 307.000 € für eine Limousine (AK 135.000 €), einen High-End-Sportwagen (AK 450.000 €) sowie einen SUV (AK 120.000 €).
Das Finanzamt hatte die Ansparabschreibung für die Limousine und den Sportwagen nicht anerkannt. Seiner Ansicht nach handele es sich dabei um unangemessene Aufwendungen i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG. Die Ansparabschreibung für den SUV wurde gewährt. Einspruch und Klage vor dem FG München (Urt. v. 01.03.2016 – 6 K 2162/14) blieben erfolglos; die Klägerin legte Revision vor dem BFH ein.
Keine Rücklage für ungemessene Aufwendungen
Nach § 7g Abs. 3 bis 7 EStG a.F. konnten Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Nach Ansicht des BFH dürfte eine solche Rücklage generell jedoch nicht gebildet werden, wenn es sich dabei um unangemessene Aufwendungen handelt.
Der Begriff der Aufwendungen ist dabei weit zu fassen: Es geht nicht nur um tatsächliche Ausgaben als tatsächliche Abflüsse in Geld oder Geldeswert, sondern alle weiteren Formen von erfolgswirksamem betrieblichen Aufwand, etwa die Abschreibung auf dem Grunde nicht abziehbare Gästehäuser nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG. Auch im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG muss das Abzugsverbot im Rahmen von Abschreibungen bzw. Sonder-Abschreibungen beachtet werden.
Ebenso würde nach Ansicht des BFH auch die durch die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. eintretende Gewinnminderung in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG fallen. Dies ergibt sich schon aus den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Gesetzesbegründung, wonach die Rücklage ermöglichen soll, zur Finanzierung künftiger Investitionen einen Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten zu machen (Gesetzesentwurf v. 05.03.1993, BTDrucks. 12/4487, S. 33).
Einwände der Klägerin greifen nicht
Da durch die Rücklage spätere Abschreibungsaufwendungen vorgezogen werden, ist auch die Ansicht der Klägerin nicht zutreffend, wonach für die Bildung der Ansparrücklage tatbestandsmäßig allein die voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten maßgeblich seien, nicht jedoch die spätere (Sonder-)AfA im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des entsprechenden Wirtschaftsguts.
Außerdem ist die Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. auch keine Spezialregelung, die den allgemeinen Grundsatz des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG verdrängen würde. Darüber hinaus schließt auch der Gewinnzuschlag von 6 % bei einer aufgelösten Rücklage die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht aus.
Ebenso ist es unerheblich, dass eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. ohne Rücksicht darauf gebildet werden kann, ob der Steuerpflichtige im Investitionsjahr die Voraussetzungen für eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 und 2 EStG a.F. erfüllt.
Ansparrücklage für Luxusautomobile
Der BFH schließt sich der Ansicht des FG an, dass die Bildung einer Rücklage für einen Sportwagen und eine Limousine der jeweils höchsten Preisklasse nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. aufgrund des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG ausgeschlossen ist.
Für das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG kommt es darauf an, ob Aufwendungen durch die private Lebensführung veranlasst sind. Ein Abzug ist demnach auch dann ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen durch die persönlichen Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst sind. Hierbei kann durchaus auch eine betriebliche Veranlassung der Aufwendungen gegeben sein.
Für das Abzugsverbot bedarf es auch nicht einer teilweisen privaten Nutzung des Wirtschaftsguts. Dies gilt dann auch für die Beschaffung ausschließlich betrieblich genutzter Pkw. Es geht bei dem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG auch darum, unangemessenen betrieblichen Repräsentationsaufwand nicht gewinnmindernd bei Einkommensteuer zu ermöglichen.
Kriterien für die Angemessenheit von Repräsentationsaufwand
Zunächst gesteht auch die Rechtsprechung des BFH dem Steuerpflichtigen grundsätzlich zu, die Höhe seiner betrieblichen Aufwendungen (und damit auch der Repräsentationsaufwendungen) selbst zu bestimmen. Für die Frage angemessenen Repräsentationsaufwands ist zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen auf sich genommen hätte.
Die Angemessenheitsprüfung hat alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sind:
- Größe des Unternehmens sowie Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns,
- Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg,
- Üblichkeit des Repräsentationsaufwands in Vergleich zu anderen Betrieben und
- Berührung der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen.
Redaktionstipp:Der BFH hat außerdem eine Faustregel zur Einschätzung der Abzugsfähigkeit von Repräsentationsaufwendungen entwickelt:
„Aufwendungen können umso weniger als unangemessen i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG qualifiziert werden, je stärker die Berührung mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen hinter der betrieblichen Veranlassung zurücktritt (BFH, BStBl II 1986, 904).“
Laut BFH ist die Anschaffung eines teuren und schnellen Pkw nicht stets unangemessen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn die Benutzung eines repräsentativen Fahrzeugs für den Geschäftserfolg keine Bedeutung hat. Die Bedeutung für den Geschäftserfolg ist dabei nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind (BFHE 245, 338, BStBl II 2014, 679).
Zieht man in Betracht, dass die Klägerin in ihrem Betrieb keine Mitarbeiter beschäftigt hatte, ist nicht ersichtlich, weshalb neben dem SUV zwei weitere Fahrzeuge im Wert von 400.000 € bzw. 450.000 € für den Betrieb angemessen sein sollten. In den Jahren des Bestehens des Betriebs der Klägerin von 2004 bis 2012 sind tatsächlich keine Repräsentationsaufwendungen angefallen.
Entsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass Repräsentationsaufwendungen für den Geschäftserfolg besonders bedeutsam waren. Außerdem ist auch einzubeziehen, dass sich die Einnahmen der Klägerin im Streitjahr lediglich auf 105.851,33 € beliefen. Entsprechend können die Anschaffungskosten nicht ausgeblendet werden, da sie unabhängig von der Art der Finanzierung aus dem Geschäftsergebnis aufgebracht werden müssen.
Fazit
Die Rechtsprechung dürfte auch Bedeutung für den § 7g n.F. EStG haben. Unabhängig davon, dass auf den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung einer Investitionsabsicht für einen Investitionsabzugsbetrag ab 2016 verzichtet wird, ist Voraussetzung, dass dem Grunde nach betriebliche Aufwendungen vorliegen. Hier eine starre Betrags- und Anzahlgrenze zu ziehen, dürfte schwer sein. Vielmehr kommt es stark auf die Struktur des Betriebs an und die entsprechende Rechtfertigung der Repräsentationsaufwendung.