Energiepreispauschale: 20 Vollzeitkräfte, 1000 geringfügig Beschäftigte - Kann der Arbeitsaufwand "EPP" umgangen werden?

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Fragestellung:

Ein Unternehmen hat 20 Arbeitnehmer, für die Lohnsteueranmeldungen monatlich abgegeben werden. Daneben gibt es 1000 geringfügig Beschäftigte. Muss dieses Unternehmen die Energiepreispauschale an die geringfügig Beschäftigten auszahlen oder ist dies freiwillig? Es wäre ein erheblicher Arbeitsaufwand, alle Mitarbeiter anzuschreiben.

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Kurzgutachten:

1.

Die Steuerberatungspraxis wird weiterhin mit der Umsetzung kurzfristig verabschiedeter Gesetze konfrontiert. Während zum 31.08.2022 die Abgabefristen für die Steuererklärungen 2020 ablaufen werden und die knapp bemessenen Abgabefristen für die Feststellungserklärungen für die Grundsteuerwerte noch bis Ende Oktober 2022 laufen, gilt es zudem, die Regelungen zur Energiepreispauschale zeitnah umzusetzen und den Mandanten zu erläutern. Ein zeitlich schwieriges Unterfangen, zumal die Regelungen zur Energiepreispauschale zahlreiche neue Fragen aufwerfen.[1]

Die Energiepreispauschale wird grundsätzlich mit der Einkommensteuerveranlagung für den Veranlagungszeitraum 2022 „von Amts wegen“ festgesetzt (§ 115 Abs. 1 EStG). Die Festsetzung über die Veranlagung setzt die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2022 und die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung der Energiepreispauschale voraus.[2]

Durch den Gesetzeswortlaut „mit der Einkommensteuerveranlagung“ kann sich die Abgabe einer Antragsveranlagung nur mit dem Ziel der Erlangung der Energiepreispauschale ergeben. § 115 Abs. 1 EStG gilt nicht, wenn die Energiepreispauschale bereits über einen auszahlungsverpflichteten Arbeitgeber ausgezahlt wurde (§ 115 Abs. 2 EStG i. V. mit § 117 EStG).[3]

2.

Arbeitnehmer erhalten die Energiepreispauschale vom Arbeitgeber, wenn sie am 1.9.2022 (Stichtag)

  • in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und
  • in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind oder nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal besteuerten Arbeitslohn beziehen.

Eine weitere Besonderheit existiert bei Auszahlung an geringfügig entlohnte Beschäftigte i. S. des § 40a Abs. 2 EStG. Der Gesetzgeber verlangt insoweit, dass der Arbeitnehmer dem ansonsten auszahlungsverpflichteten Arbeitgeber schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen. In den FAQ hat die Finanzverwaltung eine Musterformulierung veröffentlicht. Liegt dem Arbeitgeber eine schriftliche Bestätigung des ersten Dienstverhältnisses vor, hat er die Wahrheitsmäßigkeit der Angaben nicht zu prüfen. Die Finanzverwaltung äußert sich nicht dazu, ob die Bestätigung des ersten Dienstverhältnisses bereits am 01.09.2022 vorzuliegen hat. Dabei kann eine Nachreichung erfolgen. Diese Rückwirkung dürfte insbesondere dann bedeutsam sein, wenn der Mini-Jobber krankheitsbedingt nicht in der Lage war, eine solche Bestätigung zum 01.09.2022 zu erteilen.[4]

Zunächst muss also geklärt werden, ob die Beschäftigung zum 1. September 2022 ausgeübt wird:

  • Vom Arbeitgeber wird die Energiepreispauschale ausgezahlt, wenn die Beschäftigten am 1. September 2022 in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und der Verdienst nach den Steuerklassen 1 bis 5 oder bei 450-Euro-Minijobbern pauschal in Höhe von 2 Prozent besteuert wird. 
  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 1. September 2022 keine Beschäftigung ausüben, aber irgendwann im Jahr 2022, können die 300 Euro Energiepreispauschale über ihre eigene Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 geltend machen.[5]

Haben Arbeitgeber keine Lohnsteueranmeldung abzugeben, entfällt die Auszahlungsverpflichtung der Energiepreispauschale (§ 117 Abs. 1 Satz 2 EStG). Anwendungsfall sind Arbeitgeber, die lediglich, das heißt ausschließlich, pauschal besteuerte Mini-Jobber (§ 40a Abs. 2 EStG) beschäftigen und die 2-%-ige Pauschalsteuer an die Knappschaft abführen. In diesen Fällen erfolgt die Anspruchsgewährung über die Veranlagung (z. B. Mini-Jobber im Haushaltsscheckverfahren). Besteht keine Befreiung von der Abgabe der Lohnsteueranmeldung und wird eine jährliche Nullmeldung eingereicht, gelten die Grundsätze zur Jahresanmeldung.[6]

Fazit:

Da der Arbeitgeber im vorliegenden Sachverhalt Lohnsteueranmeldungen abzugeben hat (er beschäftigt neben den 1.000 Minijobbern rund 20 lohnsteuerpflichtige Beschäftigte) ist die Auszahlung an die Mitarbeiter zwingend. Dabei hat der Arbeitgeber auch die Bestätigung über das Vorliegen eines ersten Dienstverhältnisses beim Mitarbeiter einzuholen. Eine Ausnahme gibt es nur für „Kleinst-Arbeitgeber“, die ausschließlich Minijobber beschäftigen. Im Übrigen kommt der Arbeitgeber nicht um den administrativen Aufwand herum.


[1] Vgl. Seifert, Die neue Energiepreispauschale, NWB Nr. 29 vom 22.07.2022, 2072 = NWB CAAAJ-17368

[2] Vgl. Hörster, NWB 22/2022, 1542, 1544

[3] Vgl. Seifert, aao.

[4] Vgl. Seifert, aao., unter Tz. III.2

[5] https://blog.minijob-zentrale.de/auch-minijobber-koennen-die-energiepreispauschale-erhalten

[6] Vgl. Seifert, aao., unter Tz. III.2

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