Welche Folgen hat der Übergang von Unternehmensanteilen auf minderjährige Kinder? Wann ist von einer Betriebsaufspaltung auszugehen? Nach dem BFH ist für eine personelle Verflechtung auch in einer Betriebskapitalgesellschaft eine Stimmenmehrheit erforderlich. Die Stimmen von Kindern sind jedenfalls dann nicht einem Elternteil zuzurechnen, wenn insoweit eine Ergänzungspflegschaft angeordnet wurde.
Mit Urteil vom 14.04.2021 (X R 5/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Gesellschafter, der über genau 50 % der Stimmen der Betriebskapitalgesellschaft verfügen kann, diese nicht beherrscht.
Die Stimmen seines minderjährigen Kindes, für das im Hinblick auf seine Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft bestellt wurde, sind ihm dabei nicht zuzurechnen.
Sachlage im Streitfall
Nach dem Tod des Alleingesellschafters der Betriebskapitalgesellschaft gingen dessen Anteile zu 50 % auf seine Ehefrau und zu jeweils 25 % auf seine beiden Kinder über.
Die Ehefrau wurde auf einer Gesellschafterversammlung zur alleinigen Geschäftsführerin der Betriebskapitalgesellschaft gewählt. Aufgrund der Minderjährigkeit eines der beiden Kinder wurde eine Ergänzungspflegerin bestellt, die die Vertretung bei der Gesellschafterversammlung übernahm.
Das Finanzamt (FA) sah jedoch in dieser Fallkonstellation eine Betriebsaufspaltung als gegeben an, da neben der bereits bestehenden sachlichen Verflechtung auch eine personelle Verflechtung mit der GmbH eingetreten sei. Gegen ihren Willen habe sie als Geschäftsführerin aufgrund ihrer elterlichen Vermögenssorge nicht abberufen werden können.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht der von den Steuerpflichtigen eingelegten Klage jedoch statt. Der BFH sah die Revision des FA als unbegründet an.
Vorliegen einer Betriebsaufspaltung
Eine Betriebsaufspaltung setzt voraus, dass einer Betriebsgesellschaft wesentliche Grundlagen für ihren Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben.
Dieser ist gegeben, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen über die Stimmmehrheit verfügt und so die Entscheidungen der Unternehmer maßgeblich beeinflussen kann.
Eine sachliche Verflechtung liegt zudem vor, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine wesentliche Betriebsgrundlage überlässt. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, so erzielen gem. H 15.7 Abs. 4 EStH die jeweiligen Gesellschafter aus diesen Unternehmen gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 EStG.
Liegen, wie im Streitfall, jedoch nur 50 % der Stimmen in der Hand eines Gesellschafters, beherrscht er dadurch noch nicht die jeweilige Gesellschaft.
Erst ab einem Anteil von über 50 % kann die Stimmenmehrheit als gegeben angesehen werden. Da bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers für minderjährige Kinder die Stimmen nicht mehr den Eltern zuzurechnen sind, sah der BFH im Streitfall die Voraussetzungen für die nötige Stimmenmehrheit nicht als erfüllt an und verneinte die personelle Verflechtung.
Praxishinweis
Steuerpflichtige sollten bei ihrer Nachfolgeplanung beachten, dass im Fall ihres Todes für die Nachkommen keine Betriebsaufspaltung entsteht, da sich durch die gewerbliche Prägung zum einen die Gewerbesteuerpflicht negativ auswirken kann und zum anderen bei einer Veräußerung oder Entprägung die stillen Reserven realisiert werden müssen.
Wenn Anteile daher auf die minderjährigen Kinder übertragen werden sollten, sollte bereits testamentarisch festgelegt werden, dass eine Ergänzungspflegerin zur Vertretung des Kindes bestellt wird, damit nicht dem Erziehungsberechtigten die Verfügungsmacht über die Anteile zugerechnet wird.
BFH, Urt. v. 14.04.2021 - X R 5/19
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)