GmbH-Verkauf: Gewinnerzielungsabsicht und Gestaltungsmissbrauch

Welche Steuerfolgen hat der Verkauf von GmbH-Anteilen? Der BFH hat entschieden, dass bei Einkünften aus § 17 EStG eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich ist und sich diese auf die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft bezieht - nicht auf den einzelnen Verkaufsanteil. Durch erhöhte Anschaffungskosten gezielt herbeigeführte Verluste führen nicht zwingend zu einem Gestaltungsmissbrauch.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer Entscheidung vom 03.05.2023 (IX R 12/22) seine Grundsätze zur Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus § 17 EStG weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Klägerin K gründete die A-GmbH. Das Stammkapital betrug zunächst 25.000 € und war eingeteilt in 25.000 Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von jeweils 1 €. Später wurde eine Kapitalerhöhung um 1.000 € durchgeführt. 

Den neuen Geschäftsanteil übernahm K und zahlte neben dem Nennbetrag ein Aufgeld von 500.000 € in die freie Kapitalrücklage der GmbH. Anschließend veräußerte K 300 Geschäftsanteile im Nennwert von je 1 € sowie den neuen Geschäftsanteil für insgesamt 26.300 € an ihren Ehemann, der damit zu 5 % beteiligt war. 

Mit dem Finanzamt entstand für das Streitjahr 2015 ein Streit darüber, ob K aus der Veräußerung der GmbH-Anteile einen Verlust erzielt hat. Das Finanzgericht folgte der Auffassung der K, ebenso der BFH.

Entscheidung im Besprechungsfall

Der Tatbestand des Veräußerungsgewinns ist unstreitig erfüllt. Streitig ist hingegen, ob K insoweit eine Gewinnerzielungsabsicht hatte. Diese Absicht ist im Regelfall gegeben, selbst wenn die Beteiligung nur kurze Zeit gehalten wurde. 

An einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt es (nur), wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit positiven Einkünften nicht zu rechnen ist oder dass rein persönliche Gesichtspunkte für die Beteiligung des Steuerpflichtigen bestimmend waren. 

Veräußerungsverluste, mit denen steuerliche Vorteile erzielt werden sollen, stellen im Regelfall nicht die Gewinnerzielungsabsicht in Frage, sondern es besteht evtl. ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO.

Die Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine Einzelbetrachtung jedes veräußerten Geschäftsanteils einschließlich des Agios ist nach Auffassung des BFH ausgeschlossen. 

Daher waren im Besprechungsfall dem Veräußerungspreis von 26.300 € die Anschaffungskosten der K von insgesamt 501.300 € gegenzurechnen. Der Teilbetrag, der den Verkehrswert übersteigt, stellt keine verdeckte Einlage des Gesellschafters dar. 

Es fehlt an der erforderlichen Unentgeltlichkeit. Das von K gezahlte Aufgeld war jedenfalls für das Streitjahr nicht auf sämtliche Anteile der K zu verteilen. § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, der dies anordnet, gilt erstmals für spätere Veräußerungen (nach dem 31.07.2019).

Nach Ansicht des BFH ist die Zahlung eines Aufgelds für den Erwerb des neu geschaffenen Geschäftsanteils sowie dessen kurzfristig spätere verlustauslösende Veräußerung an den Ehemann nicht als Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu werten. 

Im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 EStG steht es einem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Das gilt auch, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt - daher ist das Vorgehen nicht von vornherein rechtsmissbräuchlich. 

Auch wenn die Veräußerung von insgesamt 5 % der GmbH-Anteile an den Ehemann keinen wirtschaftlich beachtlichen Grund haben sollte und sie bereits anfänglich beabsichtigt war, ist das unerheblich. Denn die Veräußerung von Anteilen zu fremdüblichen Bedingungen bedarf keines wirtschaftlichen Grundes.

Praxishinweis: Mit der Entscheidung hat der BFH seine Grundsätze zur Gewinnerzielungsabsicht von Veräußerungen i.S.d. § 17 EStG folgendermaßen konkretisiert: Die auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil bezogene Betrachtung ist ausgeschlossen.

 

Das für einen bestimmten Geschäftsanteil gezahlte Aufgeld erhöht die Anschaffungskosten dieses Anteils, auch wenn die Summe aus dem Nennbetrag und dem Agio den Verkehrswert des Anteils übersteigt (sog. Überpari-Emission). Dies gilt jedenfalls für Veräußerungen bis zum 31.07.2019.

Die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgelds seinen Verkehrswert übersteigen, ist nicht automatisch rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO.

BFH, Urt. v. 03.05.2023 - IX R 12/22

Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht

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