Ist der Zinssatz von 6 % pro Jahr für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gerechtfertigt? Gegen die Höhe der Steuerzinsen unterstützt der Bund der Steuerzahler (BdSt) derzeit ein weiteres Musterverfahren vor dem BFH.
In einem anderen Verfahren hat das Finanzgericht Köln die Ansicht vertreten, dass der Rechnungszinsfuß zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen im Jahr 2015 verfassungswidrig ist. Mit Pressemitteilung vom 17.10.2017 hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) bekanntgegeben, dass er ein weiteres Musterverfahren gegen die hohen Steuerzinsen unterstützt.
Er setzt sich damit gegen ein Urteil des Finanzgerichts Münster (FG) ein und befürwortet die beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revision (Az. III R 25/17). Erneut soll geklärt werden, ob der aktuell gültige Zinssatz von 6 % pro Jahr für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen noch zeitgemäß ist.
Musterverfahren
Im konkreten Fall benötigte das zuständige Finanzamt (FA) für die Bearbeitung der Steuererklärung 2011 mehr als zehn Monate und setzte dann neben den Steuern auch Zinsen i.H.v. 6 % pro Jahr fest. Für das Jahr 2010 setzte das FA die endgültige Steuer erst im Januar 2016 inklusiver hoher Zinsen fest.
In beiden Fällen hatte das klagende Ehepaar die lange Bearbeitungszeit nicht verschuldet. Es wandte sich gegen die Höhe der festgesetzten Zinsen und fand dabei mit dem BdSt einen Unterstützer. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren und erfolgloser Klage beim FG hat nun wegen der grundsätzlichen Bedeutung der BFH über die Revision zu entscheiden.
Ein weiteres Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes i.H.v. 6 % ist gerade beim Finanzgericht Köln anhängig. Mit Pressemitteilung vom 16.10.2017 hat dieses bekanntgegeben, dass es den Rechnungszinsfuß von 6 % zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen im Jahr 2015 für verfassungswidrig hält.
Entsprechend hat das Finanzgericht Köln beschlossen, das aktuelle Klageverfahren (Az. 10 K 977/17) auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Rechnungszinsfußes einzuholen.
So möchte es klären, ob der seit dem Jahr 1982 unveränderte Rechnungszinsfuß noch realitätsgerecht ist. Vor dem Hintergrund des heutigen Zinsumfelds habe sich der gesetzlich vorgeschriebene Zinsfuß so weit von der Realität entfernt, dass er vom Gesetzgeber hätte überprüft werden müssen.
Grundsätzlich wirkt sich dieser wie folgt aus: Je höher der Rechnungszinsfuß, desto weniger darf ein Unternehmen der Pensionsrückstellung zuführen und umso höher ist somit die steuerliche Belastung.
Wann und wie hoch sind Steuern zu verzinsen?
Grundsätzlich sind Steuern nur zu verzinsen, soweit dies gesetzlich angeordnet ist. Die Zinsberechnung richtet sich nach § 238 AO und beträgt für jeden vollen Monat 0,5 %, also 6 % pro Jahr. Die Verzinsung kann durch unterschiedliche in der AO aufgeführte Ereignisse ausgelöst werden.
So sind Steuernachforderungen und Steuererstattungen grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, zu verzinsen. Dementsprechend werden etwa zu zahlende oder zu erstattende Beträge der Einkommensteuer für das Jahr 2016 ab April 2018 verzinst.
Ferner fallen Stundungszinsen für die Dauer einer gewährten Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis an. Ebenso sind hinterzogene Steuern, Erstattungsbeträge aus Prozessen oder Beträge aufgrund einer Aussetzung der Vollziehung zu verzinsen.
Praxishinweis: Zwar sind bereits mehrere Verfahren vor dem BFH negativ für Steuerpflichtige ausgegangen – so auch das erste Musterfahren des BdSt. Dennoch sollten betroffene Steuerpflichtige sich nicht scheuen, sich auf das zweite Musterverfahren zu beziehen. Denn mit Verweis darauf können sie ohne Risiko durch Einspruch das Ruhen des Verfahrens beantragen. Sollte das Musterverfahren erfolgreich sein, so können die Einspruchsteller gegebenenfalls die zu viel gezahlten Zinsen erstattet bekommen.
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper