Nachforderungszinsen bei falsch zugeordneten Umsätzen

Wann werden Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen erlassen? Nach dem BFH sind bei einer korrigierten zeitlichen Zuordnung von Umsätzen, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und einer Steuererstattung führt, tatsächlich nicht vorhandene Zinsvorteile auch nicht abzuschöpfen. Unterjährige Zinsvorteile sind bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils insoweit unbeachtlich.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der Entscheidung vom 23.02.2023 (V R 30/20) seine Grundsätze zum Erlass von Nachforderungszinsen aus Billigkeitsgründen weiter konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Klägerin K gab in den Streitjahren monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die von ihr nach vereinbarten Entgelten zu versteuernden Dienstleistungen ab. 

Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass K ihre Umsätze teilweise den Voranmeldungszeiträumen unzutreffend zugeordnet hatte. 

Um die falsche Zuordnung zu korrigieren, wurden die angemeldeten Umsätze teilweise anderen Jahren zugeordnet. Zudem setzte das Finanzamt (FA) Nachzahlungszinsen fest. 

K beantragte den Erlass eines Teils der Zinsen aus Billigkeitsgründen, den das FA ablehnte. Das Finanzgericht gab K weitgehend Recht, der BFH folgte dem.

Grundsätze und Entscheidung im Besprechungsfall

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch Zinsansprüche gehören, (teilweise) erlassen, wenn deren Einziehung im Einzelfall aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre. 

Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des FA. Die Festsetzung von Zinsen ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn der Schuldner einer Steuernachforderung Liquiditätsvorteile hatte. 

Bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes durch die Finanzbehörde, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und zu einer Steuererstattung führt, sollen aber auch keine Zinsvorteile abgeschöpft werden, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden sind. 

Daher sind bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und einer Steuererstattung führt, tatsächlich nicht vorhandene Zinsvorteile auch nicht abzuschöpfen.

Folglich müssen bei der Entscheidung, inwieweit K Zinsvorteile erlangt hat, die einem Billigkeitserlass entgegenstehen, die Liquiditätsvorteile unberücksichtigt bleiben, die für K durch die verspätete Anmeldung der bereits vorher ausgeführten Umsätze unterjährig entstanden waren. 

Dabei ist darauf abzustellen, dass festgesetzte Vorauszahlungen nicht verzinst werden, so dass ein monatlicher Zinsvorteil nicht als Begründung für die fehlende Unbilligkeit einer Zinsfestsetzung für die Jahressteuer herangezogen werden kann. 

Hinzu kommt, dass K bei Beginn des Zinslaufs für die Streitjahre bereits alle auf die Steuernachforderung entfallenden Umsätze mit den monatlichen Voranmeldungen bezahlt hatte. 

Zudem steht eine fehlende Verrechnung der Steuernachforderung (für das Jahr der Vorverlagerung) mit einer Steuererstattung (für das Jahr der bisherigen Umsatzerfassung) dem Billigkeitserlass nicht entgegen.

Praxishinweis: Der BFH hat seine Grundsätze insoweit konkretisiert, dass unterjährige Zinsvorteile bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils im Rahmen des Billigkeitserlasses von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer gem. § 233a AO unbeachtlich sind. 

 

Dem Erlass von Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer steht nicht entgegen, dass es zu mehreren aufeinanderfolgenden jahresübergreifenden Umsatzverlagerungen kommt.

BFH, Urt. v. 23.02.2023 - V R 30/20

Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht

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