Zurückgezahlte Erstattungszinsen als negative Einnahmen?

Wann können zurückgezahlte Erstattungszinsen negative Einnahmen aus Kapitalvermögen darstellen? Nach dem BFH kommt dies in Betracht, wenn das Finanzamt zunächst Erstattungszinsen auszahlt und dann der Steuerpflichtige Zinsen aufgrund einer erneuten Festsetzung zurückzahlt. Die zu zahlenden Zinsen müssen auf denselben Unterschiedsbetrag und Verzinsungszeitraum entfallen wie die Erstattungszinsen.

Mit Beschluss vom 01.08.2023 (VIII R 8/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Rückzahlung von Erstattungszinsen aufgrund einer geänderten Steuerfestsetzung an das Finanzamt (FA) zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG führt. 

Das Entstehen der negativen Einnahmen setzt voraus, dass die zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag zurückzuführen sind, wie die ursprüngliche Zinserstattung.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger hatte aufgrund einer Einkommensteuerfestsetzung einen erheblichen Betrag an Erstattungszinsen ausgezahlt bekommen. Die zugrundeliegende Festsetzung wurde später zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert und führte zu einer Steuer- sowie Zinsnachzahlung. 

Für den folgenden Veranlagungszeitraum kam es nochmals zu einer Änderung zuungunsten des Steuerpflichtigen, weshalb er ebenfalls zuvor erhaltene Erstattungszinsen zurückzahlen musste. 

Die zurückgezahlten Erstattungszinsen erklärte er bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen als negative Einnahmen aus der Rückzahlung von Erstattungszinsen gem. § 233a AO. Er argumentierte, dass er lediglich die bereits erhaltenen und versteuerten Erstattungszinsen zurückgezahlt habe. 

Zunächst legte das FA die Steuerfestsetzung gemäß der Erklärung an, später jedoch revidierte es die Steuerfestsetzung. 

Die Erstattungszinsen wurden nur noch insoweit als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen angesetzt, als diese auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum wie die zuvor festgesetzten Zinsen zur Einkommensteuer entfielen. 

Der Restbetrag wurde als nicht abzugsfähige Nachzahlungszinsen behandelt. Einspruchs- und Klageverfahren blieben ohne Erfolg. Auch der BFH sah die Revision des Klägers als unbegründet an und wies diese daher zurück. 

Ertragsteuerliche Behandlung von Zinsen gem. § 233a AO

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG auch Erstattungszinsen nach § 233a AO. Demnach liegt auch bei einer vom FA erzwungenen Kapitalüberlassung eine entgeltliche Kapitalüberlassung vor. 

Die Steuererstattungsforderung ist eine Kapitalforderung, die so verzinst wird, als habe der Fiskus ein Darlehen erhalten, das ihm der Steuerpflichtige gezwungenermaßen gewährt hat. Dementsprechend führt auch die Rückzahlung erhaltener Erstattungszinsen durch den Steuerpflichtigen zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen. 

Die Rückzahlung von zunächst vereinnahmten Erstattungszinsen unterscheidet sich insoweit von der erstmaligen Begleichung von Nachzahlungszinsen. Diese sind gem. § 12 Nr. 3 zweiter Halbsatz EStG als Einkünfte der privaten Lebensführung zugeordnet. 

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nach Ansicht des BFH für die einkommensteuerliche Beurteilung der zurückgezahlten Zinsen nicht darauf an, welcher Betrag tatsächlich zurückgezahlt wurde. 

Lediglich die Zinsrückzahlung, die auf dieselbe Bemessungsgrundlage wie die zuvor versteuerte Zinsrückzahlung zurückzuführen ist, darf auch als negative Einnahme angesetzt werden. Im Einzelfall kann es dazu kommen, dass bei der Zinsfestsetzung Erstattungs- und Nachzahlungszinsen miteinander verrechnet werden. 

Im Streitfall lag eine entsprechende Verrechnung vor. Es kann somit nicht ausschließlich auf den Saldo der im Steuerbescheid ausgewiesenen Zinsfestsetzung abgestellt werden. Demnach ist der zurückgezahlte Betrag aufzuteilen und anhand des jeweiligen Unterschiedsbetrags zu differenzieren.

Praxishinweis: Die Ansicht des BFH führt bei einer Rückzahlung von Erstattungszinsen aufgrund einer geänderten Steuerfestsetzung zu einer aufwendigen Differenzierung zwischen tatsächlich zurückgezahlten Erstattungszinsen und erstmaligen Nachzahlungszinsen. 

 

Das Verfahren führt zwar zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand, da stets eine Differenzierung bei zurückgezahlten Zinsen notwendig wird. Allerdings könnten ansonsten bewusst höhere Nachzahlungszinsen in dem geänderten Bescheid festgesetzt werden, um diese später als negative Einnahmen geltend zu machen.

BFH, Beschl. v. 01.08.2023 - VIII R 8/21

Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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