Am 20.1.2021 war es soweit: Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe beschlossen.
Unter anderem soll nun neben der einzelnen Berufsträgerin und dem einzelnen Berufsträger auch die Berufsausübungsgesellschaft selbst Anknüpfungspunkt für berufsrechtliche Regelungen sein. Was das im Detail für Ihre Kanzlei bedeutet, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Die Berufsausübungsgesellschaft hat 2021 ganz neues Gewicht Nach § 59m BRAO waren lediglich für die nach der BRAO zulässige Steuerberatungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft Berufspflichten vorgesehen, jedoch ohne die Möglichkeit einer Ahndung von Berufspflichtverletzungen.
Nachdem den Steuerberatenden und Rechtsanwälten im Zuge der Reform eine weitgehende Organisationsfreiheit eingeräumt wird, sind ebenfalls umfassende Regelungen zu den Berufspflichten der Berufsausübungsgesellschaft in § 59e BRAO-E verabschiedet worden.
Dieser Regelung kommt auch insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung der sozietätsfähigen Berufe auf alle Freien Berufe eine erhebliche Bedeutung zu. Zwar haben auch die berufsfremden Gesellschafter die anwaltlichen Berufspflichten nach § 59d Abs. 1 BRAO-E zu beachten.
Jedoch ist mit der Pflicht zu Beachtung – mit Ausnahme der Verschwiegenheitspflicht und des Tätigkeitsverbots bei Interessenkonflikten nach § 59d Abs. 2 und 3 BRAO-E – keine unmittelbare Geltung sämtlicher Berufspflichten verbunden. [1] Der Gesetzentwurf sieht zudem umfassende Regelungen zu der berufsrechtlichen Ahndung von Berufspflichtverletzungen durch die zugelassene Berufsausübungsgesellschaft vor.
Entsprechende Regelungen sind ebenfalls für Berufsausübungsgesellschaften mit Steuerberatenden und Patentanwälten vorgesehen.
a) Berufshaftpflicht für die Berufsausübungsgesellschaft
Da seit der Reform die Berufsausübungsgesellschaft selbst – und nicht die einzelnen Berufsträger – Partner des Mandatsertrags sein kann, sieht der Regierungsentwurf in § 59n BRAO-E eine Verpflichtung zum Abschluss und die Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung für die Berufsausübungsgesellschaft selbst vor.
Die Mindestversicherungssumme beträgt nach § 59o Abs. 1 BRAO-E 2.500.000,00 EUR; lediglich für kleine Berufsausübungsgesellschaften, in denen nicht mehr als zehn Personen anwaltlich oder in einem Beruf nach § 59c Abs. 1 BRAO-E tätig sind, beträgt die Mindestversicherungssumme 1.000.000,00 EUR.
b) Zulassungspflicht für Berufsausübungsgesellschaften
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass grundsätzlich alle Berufsausübungsgesellschaften zulassungspflichtig sind und Mitglieder der zuständigen Steuerberaterkammer, Rechtsanwaltskammer, bzw. Patentanwaltskammer werden.
Dies ist erforderlich, da eine Aufsicht durch die Kammern und die Verhängung berufsgerichtlicher Maßnahmen eine Zulassung voraussetzen.
Die Zulassung der Berufsausübungsgesellschaft ermöglicht den Kammern insbesondere bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie bei interprofessionellen Gesellschaften eine Überprüfung, ob diese die für die Einhaltung der Berufspflichten erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. [2]
Von der Zulassungspflicht nicht erfasst sind Personengesellschaften ohne Haftungsbeschränkungen, denen als Gesellschafter ausschließlich Steuerberater, Rechtsanwälte sowie Patentanwälte, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer angehören.
Auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Partnerschaftsgesellschaften ohne beschränkte Berufshaftung sowie offene Handelsgesellschaften, der lediglich Mitglieder der vorgenannten Berufsgruppen angehören, sind nicht zulassungspflichtig.
Von einer Zulassung kann daher nur abgesehen werden, soweit diese zur Durchsetzung der Berufspflichten nicht erforderlich ist, weil die Gesellschafter bereits unmittelbar oder auf Grund vergleichbarer Berufspflichten der Aufsicht einer Kammer unterliegen.
Gleichwohl besteht auch für die nicht zulassungspflichtigen Berufsausübungsgesellschaften die Möglichkeit einer freiwilligen Zulassung.
Da nur die zugelassenen Gesellschaften in die Verzeichnisse der Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern eingetragen werden und nur für eingetragene Mitglieder ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) für die Berufsausübungsgesellschaft beantragt werden kann, dürfte es auch im eigenen Interesse der nicht zulassungspflichtigen Gesellschaft liegen, einen Antrag auf Zulassung zu stellen.
c) beA für Berufsausübungsgesellschaften
Die Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) orientierte sich vor der Reform an § 31a Abs. 1 S. 1 BRAO. Hiernach richtet die Bundesrechtsanwaltskammer grundsätzlich für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein beA ein.
Eine Eintragung von Rechtsanwaltsgesellschaften in das Gesamtverzeichnis nach § 31 BRAO i.V.m. der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung - RAVPV) war vor der Reform nicht vorgesehen, sodass das beA als personenbezogenes Postfach nur für den Rechtsanwalt selbst und nicht für die Rechtsanwaltsgesellschaft eingerichtet werden konnte.
Dadurch, dass die zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften nun selbst Mitglieder der Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern werden sollen und in die Verzeichnisse der Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern aufgenommen werden, soll nach der neuen Regelung des § 31b BRAO-E ein beA auch für zugelassene Berufsausübungsgesellschaften, ein sog. Gesellschaftspostfach , eingerichtet werden können.
Das beA als personenbezogenes Postfach war vor der Reform nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO als sicherer Übermittlungsweg im elektronischen Rechtsverkehr vorgesehen.
Die Übermittlung eines elektronischen Dokuments aus einem Gesellschaftspostfach an ein Gericht soll nun jedoch keine Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 130a Abs. 4 ZPO darstellen, sodass das elektronische Dokument zusätzlich mit einer elektronischen Signatur zu versehen ist.
Eine entsprechende Änderung der Zivilprozessordnung sieht der Gesetzentwurf in Artikel 11 vor.
Bei einer Übermittlung elektronischer Dokumente von einem Gericht an einen Rechtsanwalt über ein beA für Berufsausübungsgesellschaften nach § 31b BRAO-E besteht das vorgenannte Problem nach der Begründung des Regierungsentwurfs [3] hingegen nicht, da das beA eben für solche Zustellungen eröffnet wurde und dieses ebenfalls zum EGVP-Verbund gehörende beA auch sonst alle Voraussetzungen an einen sicheren Übermittlungsweg erfüllt.
[1] BR-Drucks. 55/21, S. 218.
[2] BR-Drucks. 55/21, S. 152.
[3] BR-Drucks. 55/21, S. 383.
Diana Pflüger, Dipl.-Rechtspflegerin (FH), Düsseldorf