Wie sind Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften nach deutschem Steuerrecht zu behandeln? Der BFH hat für eine „Corporation“ nach US-amerikanischem Recht bestimmt, wann eine relevante Beteiligung nach § 17 Abs. 1 EStG vorliegt. Demnach ist in solchen Fällen auf eine Bezugsgröße abzustellen, die die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters in vergleichbarer Weise wiedergibt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 14.02.2023 (IX R 23/21) die Grundsätze zur Behandlung von Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften im Rahmen des § 17 EStG weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
R war Alleingesellschafter der S-GmbH mit Sitz in Deutschland. Die Anteile an der S-GmbH veräußerte er und erhielt dafür im Tausch u.a. Anteile an der Z-Inc. mit Sitz in Delaware/USA. Die Z-Inc. ist eine nach dem Recht von Delaware gegründete Kapitalgesellschaft („Corporation“).
Aufgrund einer weiteren Verschmelzung erhielt R Bezugsrechte für den Erwerb des aufnehmenden Rechtsträgers.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob diese Rechte dem § 17 EStG unterfallen und entsprechend zu versteuern sind. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des R ab, der BFH folgte dem.
Grundsätze und Entscheidung im Besprechungsfall
Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 EStG gehören auch Anteile an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, wenn sie nach dem betreffenden ausländischen Recht Gesellschafterrechte verkörpern, wie sie nach deutschem Recht beispielsweise mit Aktien oder GmbH-Anteilen verbunden sind.
Bei Anteilen an einer „Corporation“ US-amerikanischen Rechts ist dies nach Ansicht des BFH gegeben. Die Gesellschaft ist nach Maßgabe des sog. Typenvergleichs mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar. Entsprechendes gilt für die Vergleichbarkeit der in den „shares“ verkörperten Rechte mit den Gesellschafterrechten eines Aktionärs.
Schon der Wortlaut des § 17 Abs. 1 EStG legt es nach Auffassung des BFH nahe, den Begriff der Beteiligung allein kapitalmäßig zu bestimmen. Die Vorschrift spricht ausdrücklich von der Beteiligung am Kapital der Gesellschaft.
Kapital ist nach den gesetzlichen Vorschriften des GmbHG und des AktG das Stamm- bzw. Grundkapital der Gesellschaft, das mit einem festen Betrag in der Satzung auszuweisen ist.
Der „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ bemisst sich deshalb ausnahmslos nach dem betragsmäßig bestimmten (festen) Anteil am Stamm- oder Grundkapital.
Bei Auslandskapitalgesellschaften, die über kein Grund- oder Stammkapital i.S.d. deutschen Aktien- oder GmbH-Rechts verfügen, ist auf eine entsprechende Bezugsgröße abzustellen, die die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters in vergleichbarer Weise wiedergibt.
Die Feststellung des ausländischen Rechts durch das FG ist für den BFH bindend. Das FG hat festgestellt, dass R gemessen an der Anzahl der von der Gesellschaft tatsächlich ausgegebenen „shares“ in relevanter Höhe an ihr beteiligt war.
Daher hat R die Voraussetzungen eines Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 17 EStG erfüllt, so dass seine Klage abgewiesen wurde.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze zur Besteuerung nach § 17 EStG wie folgt konkretisiert:
Anteile an einer Corporation nach US-amerikanischem Recht gehören zu den „ähnlichen“ Beteiligungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG. Der Paragraph knüpft typisierend an die Höhe der nominellen Beteiligung am Grund- oder Stammkapital einer (inländischen) Kapitalgesellschaft an.
Bei Auslandskapitalgesellschaften ist auf eine entsprechende Bezugsgröße abzustellen, die die kapitalmäßige Beteiligung des Gesellschafters in vergleichbarer Weise wiedergibt. Diese Bezugsgröße muss bei Auslandskapitalgesellschaften Auskunft über das tatsächlich übernommene Gesellschaftskapital geben.
Maßgeblich ist, welchen Beitrag der Gesellschafter zu dem durch Einlagen gebildeten Gesellschaftsvermögen erbracht hat, denn damit korrespondiert sein Anspruch auf Beteiligung an der Substanz der Kapitalgesellschaft.
Auf eine Größe, die dem genehmigten Kapital nach deutschem Recht entspricht, kann in diesem Zusammenhang auch dann nicht abgestellt werden, wenn sie sich als einzige aus einem öffentlichen Register ergibt. Die Feststellung des ausländischen Rechts gehört revisionsrechtlich zu den den BFH bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG.
BFH, Urt. v. 14.02.2023 - IX R 23/21
Erstellt von Axel Scholz, RA und StB, FA für Steuerrecht