Der BFH hat Bilanzierungsfragen für Leasing-Restwertmodelle geklärt. Im Streitfall hatte ein Kfz-Händler an einen Autohersteller für die Übernahme des Restwertrisikos „Beteiligungsbeträge“ gezahlt. Der BFH hat entschieden, dass diese Leistung zum Zeitpunkt der Zusage der Restwertabsicherung nicht als Verbindlichkeit zu passivieren ist. Schwebende Geschäfte sind demnach nicht zu bilanzieren.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13.09.2023 (XI R 20/20) entschieden, dass die im Rahmen eines Leasingrestwertmodells von einem Kfz-Händler an einen Automobilproduzenten zur Übernahme des Restwertrisikos zu zahlenden Beteiligungsbeträge im Zeitpunkt der Zusage der Restwertabsicherung nicht als Verbindlichkeit passivierbar sind, weil die Verpflichtung dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss ist.
Auch die Bildung einer Rückstellung ist aufgrund des Vorliegens eines schwebenden Geschäfts nicht möglich.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die mit Kraftfahrzeugen handelte und diese ebenfalls an Privatkunden im Rahmen von Leasingverträgen überließ.
Ein Automobilproduzent führte ein Leasingrestwertmodell ein, in dessen Rahmen der Händler im Streitfall ein Fahrzeug an einen Leasingnehmer vermittelte und gleichzeitig an eine Leasinggesellschaft veräußerte.
Die Kfz-Händler verpflichteten sich hierbei, die Leasingfahrzeuge am Ende der Leasinglaufzeit zu einem bereits zu Beginn des Leasings vereinbarten Kaufpreis zurückzunehmen.
Zur Absicherung des Restwerts konnten die Kfz-Händler an den Automobilhersteller einen „Beteiligungsbetrag“ leisten. Der Beteiligungsbetrag konnte in Abhängigkeit von der gewählten Risikostufe variieren.
Die Klägerin nahm an dem Modell teil und sicherte den Restwert der überlassenen Fahrzeuge zu 100 % ab. Sie passivierte den Beteiligungsbetrag und stellte diesen zu Beginn der jeweiligen Leasinglaufzeit gewinnmindernd als Verbindlichkeit ein.
Nach Ablauf des Leasingvertrags und Erhalt der Endabrechnung über den Restwert des Fahrzeugs löste sie diese Verbindlichkeit auf.
Im Rahmen einer vom Finanzamt (FA) durchgeführten Außenprüfung löste dann allerdings der Prüfer die entsprechenden Verbindlichkeiten gewinnerhöhend auf, da eine Verbindlichkeit erst im Zeitpunkt der Endabrechnung vorliege.
Die gegen diese Entscheidung des FA gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) keinen Erfolg. Der BFH bestätigte das FG-Urteil.
Passivierung einer Verbindlichkeit
Schulden sind in der Handelsbilanz nach § 247 Abs. 1 HGB dann zu passivieren, wenn eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Verpflichtung zur Leistung an einen Dritten besteht, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und die am zu beurteilenden Bilanzstichtag eine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung darstellt. Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz gilt dies entsprechend auch bei der Aufstellung der Steuerbilanz.
Anwendung des Grundsatzes auf den Streitfall
Die Voraussetzungen für die Bildung einer Verbindlichkeit liegen nach Auffassung des BFH nicht vor. Im Streitfall fehlte es für die Passivierung als Verbindlichkeit an einer rechtlichen Verpflichtung, da die Klägerin zu Beginn des Leasingvertrags nicht zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung verpflichtet war.
Die Pflicht zur Entrichtung des Beteiligungsbetrags entstand erst bei Rückerwerb des Fahrzeugs. Eine direkte Verpflichtung bereits bei Abschluss des Leasinggeschäfts bestand also nicht.
Auch die Bildung einer Rückstellung kommt nach § 5 Abs. 4a EStG nicht in Betracht, da es sich hier lediglich um ein schwebendes Geschäft handelt, für welches in der Bilanz keine Rückstellung gebildet werden darf.
Praxishinweis: Die Entscheidung des BFH ist insbesondere für die grundsätzliche Passivierung von Verbindlichkeiten von Bedeutung. Ist eine Zahlungsverpflichtung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig (im Streitfall der Rückerwerb des Fahrzeugs), kommt eine Bildung der Verbindlichkeit erst in Betracht, wenn diese Bedingung eingetreten ist.
Da die aufschiebende Bedingung - die Rückgabe des Fahrzeugs - im Streitfall noch nicht eingetreten ist, ist bis zu diesem Zeitpunkt die Passivierung einer Verbindlichkeit ausgeschlossen.
BFH, Urt. v. 13.09.2023 - XI R 20/20