Der Bundestag hat am 26.09.2024 den Entwurf eines Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes angenommen (BT-Drucks. 20/11306). Dieses Gesetz enthält Erleichterungen beim Abschluss von Arbeitsverträgen.
Arbeitsverträge können zwar mündlich oder sogar nur konkludent abgeschlossen werden. Allerdings muss der Arbeitgeber bisher gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG spätestens einen Monat nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen zukommen lassen. Schriftlich bedeutet: Dem Arbeitnehmer ist ein unterzeichnetes Papier zu übersenden.
Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz wird der bürokratische Aufwand im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Änderung von Arbeitsverträgen reduziert.
Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer künftig auch in Textform, also per E-Mail, über die wesentlichen Bedingungen ihrer Arbeitsverträge informieren können. Nur wenn arbeitnehmerseitig ausdrücklich ein schriftlicher Nachweis der Arbeitsbedingungen verlangt wird, muss der Arbeitgeber wie bisher die Informationen unterzeichnet auf Papier übersenden.
Urteil des LAG Thüringen bleibt relevant
Unabhängig von der Änderung des Nachweisgesetzes bleibt das Urteil des LAG Thüringen vom 07.06.2022 - 1 Sa 43/21 in allen Konstellationen relevant, in denen über die Änderung eines Arbeitsvertrags verhandelt wird.
Der Kläger war als Monteur beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass Änderungen des Vertrags der Schriftform bedürfen und Abweichungen von diesem Schriftformerfordernis nur durch schriftliche Vereinbarung möglich sind.
Der Kläger war regelmäßig auf Montage auf auswärtigen Baustellen. Dabei wurden die Fahrtzeiten zu 100 % als Arbeitszeit vergütet. Auf einer Betriebsversammlung wurden Einsparmaßnahmen besprochen.
Ausweislich des Protokolls der Betriebsversammlung sollten Fahrtzeiten zur Baustelle und zurück nur noch zur Hälfte erstattet werden. Einem handschriftlichen Vermerk auf dem Protokoll ist zu entnehmen, dass diese Regelung zunächst befristet gelten sollte.
Am Ende des Protokolls finden sich unter der Überschrift "Kenntnisnahme der Mitarbeiter" die Unterschriften aller auf der Betriebsversammlung anwesenden Beschäftigten, auch die des Klägers.
Einige Monate später fand eine weitere Betriebsversammlung statt, auf der beschlossen wurde, die zunächst befristet eingeführte Regelung zur Fahrtkostenerstattung dauerhaft einzuführen.
Im Protokoll ist vermerkt, dass die Fahrzeitregelung auf unbestimmte Zeit bestehen bleibt. Auch das Protokoll dieser Betriebsversammlung wurde sowohl vom Kläger als auch vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet.
Einige Jahre später verlangte der Kläger Stundengutschriften für seine Fahrtzeiten. Seiner Ansicht nach hat es eine ausdrückliche Zustimmung seinerseits zu einem Änderungsvertrag nie gegeben. Die bloße Kenntnisnahme eines Betriebsversammlungsprotokolls reiche nicht aus, um eine Änderung des Arbeitsvertrags zu bewirken.
Das LAG Thüringen hat die Klage abgewiesen, da mit der Unterschrift der Arbeitsvertragsparteien unter das Protokoll eine zuvor bestehende Vereinbarung zur vollständigen Bezahlung der Fahrtzeiten abgeändert wurde.
Eine Auslegung der beiderseitigen Erklärungen gem. §§ 133, 157 BGB ergibt, dass in der Unterzeichnung des Protokolls nicht nur die Kenntnisnahme einer von der Beklagten beabsichtigten einseitigen Regelung liegt, sondern vielmehr die Zustimmung zur Änderung der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelung im Sinne einer Vertragsänderung.
Durch die Unterschrift beider Parteien unter das Protokoll ist die im Arbeitsvertrag vereinbarte Schriftform gewahrt.
FAfArbR RAin Dr. Margit Böhme
Bundestag, Beschl. v. 26.09.2024 - 20/11306, rkr.