Dürfen Vereine und Unternehmen Personenkreise unterstützen, die unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden?

Schlagworte: Verein, Stiftung, Spende, Satzung

Fragestellung

Aufgrund der Corona- Krise geht es vielen Bürgerinnen und Bürgern und auch Unternehmen finanziell sehr schlecht. Trotz diverser Möglichkeiten zur Minderung der Kosten der privaten Lebensführung bzw. Betriebsausgaben reichen die finanziellen Mittel nicht aus. Nun gibt es in unserer Stadt Vereine und Stiftungen, die diese Personenkreise gerne finanziell unterstützen würden, da sie über finanzielle Mittel verfügen. Die Satzungen und der Vereins- bzw. Stiftungszweck sieht dies aber so nicht vor.

Zusätzlich gibt es private Personen oder auch Unternehmen, die die o.g. Personenkreise ebenfalls gerne finanziell unterstützen würden.

  1. Kann ein Verein oder eine Stiftung an private Personen oder auch Unternehmen durch einen finanziellen Zuschuss helfen ohne gesetzliche Schwierigkeiten zu bekommen?
  2. Müsste die Satzung im Vorfeld geändert werden und wäre es rechtlich überhaupt zulässig, einzelne Personen oder Unternehmen finanziell zu unterstützen?
  3. Wenn die Hilfe möglich wäre, bestehen irgendwelche Auflagen (z.B. Nachweis des Empfängers über die Bedürftigkeit)?
  4. Können die privaten Personen oder Unternehmen als Spender ihre finanzielle Unterstützung steuerlich geltend machen (direkt oder ggf. als Spende an die Stiftung/Verein)?

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Kurzgutachten

Die Geschicke einer Stiftung hängen ganz maßgeblich von den Vorgaben ihrer Satzung ab. In ihr ist der Stiftungszweck festgelegt, der jedes Handeln der Stiftungsorgane bindet. Stiftungen und ihre Satzungen sind grundsätzlich „für die Ewigkeit“ gemacht.

Insbesondere in Krisenzeiten kann sich jedoch die Frage stellen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Satzung an neue Entwicklungen angepasst werden kann. Die Anforderungen an die Änderung einer Satzung sind zum Teil heftig umstritten. Der Grund hierfür liegt darin, dass die bundesrechtlichen Vorschriften lediglich in § 87 BGB die Möglichkeit vorsehen eine Stiftungssatzung nachträglich zu ändern.

Diese Vorschrift regelt dabei lediglich den Fall der Satzungsänderung durch die zuständige Aufsichtsbehörde. Ob daneben auch die Stiftungsorgane, also der Vorstand, oder der Stifter selbst nachträgliche Änderungen vornehmen können, bleibt offen. Hier haben die Landesstiftungsgesetze ihre eigenen Vorschriften entwickelt, die sich in einigen Bereichen überschneiden und in anderen widersprechen.

Nach § 87 BGB darf die für die Stiftungsaufsicht zuständige Stiftungsbehörde den in der Satzung festgelegten Stiftungszweck ändern und die Satzung entsprechend anpassen, wenn die Erfüllung des ursprünglich vorgesehenen Zwecks unmöglich geworden ist. Hierbei hat die Behörde stets den im Stiftungszweck niedergelegten Stifterwillen zu berücksichtigen und darf nicht weiter als nötig von dem von ihm vorgesehenen Zweck abweichen. § 87 III BGB verlangt zudem, dass vor der Änderung der Stiftungsvorstand angehört werden muss. 

Ob im Falle einer Zweckänderung zu Lebzeiten des Stifters auch der Stifter persönlich einbezogen werden muss, geht aus den bundesrechtlichen Vorschriften nicht hervor. Hier haben die jeweiligen Landesstiftungsgesetze verschiedene Regelungen getroffen. Während zum Beispiel die Landesgesetze von Hamburg und Bayern lediglich eine Anhörung des Stifters voraussetzen, bedarf es nach den Stiftungsgesetzen etwa von Baden-Württemberg und Bremen für die wirksame Zweckänderung der Zustimmung des Stifters. 

Eine Änderung (wohl auch Erweiterung) des Stiftungszwecks und damit der Satzung durch die Stiftungsorgane ist nur dann zulässig, wenn eine solche Möglichkeit bereits in der Satzung vorgesehen ist. Entscheidend ist somit die Satzung und das jeweils geltende Landesrecht. Maßgeblich für die nachträgliche Änderung ist folglich in erster Linie die Satzung selbst. In ihr kann der Stifter festlegen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Stiftungsorgane die Satzung ändern können. In der Praxis ist m.E. bei der Änderung einer Satzung daher eine Rücksprache mit der zuständigen Stiftungsbehörde unumgänglich.

Im Falle einer steuerbegünstigten gemeinnützigen Stiftung ist zwingend auch das zuständige Finanzamt einzubinden, um einen Fortbestand der Gemeinnützigkeit im Falle einer Zweckänderung zu gewährleisten. Aktuell sind hier (noch) keine Erleichterungen aufgrund eines Artikels in einem Covid-19 Steuergesetz o.Ä. bekannt. Es ist jedoch vorstellbar, dass aufgrund der aktuellen Situation manche Zweifelsfragen eher milde beurteilt werden. Dies ist jedoch reine Spekulation. Es wären mildtätige Zwecke.

Die AO beschreibt diese wie folgt:

Eine Körperschaft verfolgt mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, Personen selbstlos zu unterstützen,

  1. die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder
  2. deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des XII. Buches SGB; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes. Bei Personen, deren wirtschaftliche Lage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist, dürfen die Bezüge oder das Vermögen die genannten Grenzen übersteigen.

Auf Antrag der Körperschaft kann auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit verzichtet werden, wenn auf Grund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen im vorstehenden Sinne unterstützt werden; für den Bescheid über den Nachweisverzicht gelten die Formvorschriften des § 60a III-V AO entsprechend.

Spender i. S. der Regelung des § 10b EstG können unbeschränkt oder beschränkt stpfl. sein. Voraussetzung für den Abzug ist, dass die Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder EWR gelegen ist oder an eine nach § 5 I Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden. 

Für nicht im Inland ansässige Zuwendungsempfänger gilt § 19b I S. 3 ff EstG. Mitgliedsbeiträge sind in der Regel nicht abzugsfähig. Direktzuwendungen an natürliche Personen sind, bis auf wenige Ausnahmen, nicht begünstigt (z.B. zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen nach BMF, BStBL. 2015 I, 745).

Ob eine derartige Ausnahmeregelung im Zusammenhang mit Covid-19 beabsichtigt ist, ist nicht bekannt. Spenden an gemeinnützige Vereine zur Unterstützung bestimmter Privatpersonen sind jedoch abziehbar. Dies gilt auch für Förder- und Spendensammelvereine, siehe § 58 AO. § 50 IV-VI EStDV. Diese regeln Erleichterungen bei den Zuwendungsbestätigungen wie in Katastrophenfällen ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendung, siehe § 50 IV S. 1 Nr. 1 EStDV bei geringfügigen Zuwendungen bis zu 200 Euro (Zahlungsnachweis der Bank reicht aus, auch im Online-Banking) oder bei politischen Zuwendungen. 

Es fehlt wohl auch hier noch die offizielle Bekanntgabe der Finanzbehörden oder der Bundesregierung, dass es sich um einen Katastrophenfall handelt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. 

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