Schlagworte: Pachtzahlung , § 15 UStG, Vorsteuerabzug Coronavirus
Fragestellung
Mein Mandant betreibt in gepachteten Räumen einen Hotelbetrieb. Aufgrund des Corona-Virus wird mein Mandant voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein, die Pacht in voller Höhe zu zahlen.
Kann die Vorsteuer aus der Pacht (die nach wie vor in voller Höhe geschuldet wird) auch gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden, wenn die Pacht nicht oder nur teilweise gezahlt wird?
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Kurzgutachten
Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Der Vorsteuerabzug steht also dem Unternehmer zu, der als Leistungsempfänger eine auf ihn lautende Rechnung mit gesondert ausgewiesener Steuer besitzt. Maßgeblich ist, dass sich aus den in dem entsprechenden Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art, ggf. unter Heranziehung weiterer Erkenntnismittel, entnehmen lässt, welche konkret bestimmten Leistungen dem begehrten Anspruch auf Vorsteuerabzug zugrunde liegen.
Bei Verträgen über Dauerleistungen (z.B. Mietverträgen oder Pachtverträgen) wird der abgerechnete Leistungsgegenstand, nämlich die Verpachtung für einen bestimmten Zeitraum (z.B. Monat), als Teilleistung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG erst durch die monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert. Erst damit erhält die im Vertrag vereinbarte Monatspacht (einschließlich gesondert ausgewiesenem Umsatzsteuerbetrag) die erforderlichen tatsächlichen Ergänzungen, aufgrund derer eine für den Vorsteuerabzug ausreichende Leistungsbeschreibung angenommen werden kann.[1]
Ohne Konkretisierung stellt ein auf eine Dauerleistung gerichteter Vertrag allein keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung über einen bestimmten Leistungsgegenstand dar. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die gebotene Konkretisierung erfolgt ist, sei es durch eine monatliche Zahlungsaufforderung oder durch andere Zahlungsbelege, kann vom erstmaligen Vorliegen einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung gesprochen werden.
Miet- und Pachtverträge reichen zwar nur dann für den Vorsteuerabzug aus, wenn die Leistungsabschnitte durch schriftliche Unterlagen ergänzt werden, aus denen sich leicht und eindeutig der zeitliche Umfang der Leistungen ergibt. Daraus folgt aber nicht, dass Belege über unregelmäßige monatliche Zahlungen nicht geeignet sein könnten, Auskunft über den zeitlichen Umfang der zugrunde liegenden Leistungen zu geben.
Dem Umstand, dass die Miete nur unregelmäßig gezahlt worden ist, lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass die gebotene Konkretisierung hinsichtlich der in dem Mietvertrag vereinbarten Mietzahlungen unmöglich wäre. Entsprechen die belegten tatsächlichen Zahlungen den in dem Vertrag vereinbarten, so erscheint es ferner unerheblich, ob die Umsatzsteuer in dem Zahlungsbeleg offen ausgewiesen wird; denn der Beleg soll nach der Rechtsprechung lediglich Nachweis über den abgerechneten Leistungsgegenstand erbringen.[2
Auch die Finanzverwaltung stellt in A 14.1 Abs. 2 UStAE klar, dass Verträge grundsätzlich als Rechnungsdokument angesehen werden können, wenn der Vertrag alle Rechnungspflichtmerkmale enthält und sich die bei Dauerleistungsverhältnissen notwendige Teilleistungskonkretisierung aus Zahlungsbelegen (z.B. monatliche Zahlungsanforderungen, Überweisungsaufträge, Kontoauszüge) ergibt.
Nach den dargestellten Grundsätzen besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Vorsteuerabzug, sofern die Pacht vorübergehend nicht mehr entrichtet wird. Wird die Pacht nur noch teilweise gezahlt, besteht der Anspruch auf Vorsteuerabzug ebenfalls nur anteilig, was durch die Zahlungsbelege der gezahlten Pacht nachzuweisen ist. Die für den vollen Vorsteuerabzug erforderlichen Zahlungsbelege können, mangels vollständiger regelmäßiger Zahlung nicht vorgelegt werden.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, die gebotene Konkretisierung der Leistungen durch monatliche Leistungsaufforderungen des Vermieters über die Pacht (in voller Höhe) nachzuweisen. Der Vermieter muss die nicht (in voller Höhe) erhaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Insoweit ist es ratsam, den Vermieter hinsichtlich dieser Vorgehensweise zu kontaktieren und um monatliche Leistungsaufforderungen zu bitten
[1] BFH Urteil vom 07.11.2000 - V R 49/99, BStBl. 2008 II S. 493
[2] BFH Beschluss vom 10.01.2013 - XI B 33/12