Update: Steuerliche Erleichterungen in der Corona-Krise

Erste Maßnahmenpakte zur steuerlichen Soforthilfe

Bereits zu Beginn der Corona-Krise hat das BMF gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder mit Schreiben vom 19.03.2020 ein erstes Maßnahmenpaket zur steuerlichen Soforthilfe beschlossen (IV A 3 - S 0336/19/10007 :002). Dabei wurden die Möglichkeiten zu Steuerstundungen sowie zur Anpassung der Steuervorauszahlungen gewährt und ein Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen beschlossen. Als weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen wurden nun die Verlängerung der Abgabefristen von Lohnsteueranmeldungen und die Möglichkeit eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus dem noch laufenden Steuerjahr 2020 eingeräumt.

Verlängerung der Abgabefristen von Lohnsteueranmeldungen

Aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen in Zeiten des Coronavirus sind Arbeitgeber häufig unverschuldet daran gehindert, die monatlichen oder vierteljährlichen Lohnsteueranmeldungen fristgerecht abzugeben.

Hinweis: Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die im Anmeldungszeitraum einbehaltene Lohnsteuer bis zum 10. des Folgemonats an das jeweilige Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. Bei verspäteter Zahlung der Lohnsteuer erhebt das Finanzamt einen Säumniszuschlag. Wird die Steueranmeldung verspätet abgegeben, so setzt das Finanzamt regelmäßig einen Verspätungszuschlag fest. Eine Schonfrist kennt das Steuerrecht nicht.

Aufgrund der Erlasses zur Verlängerung der Erklärungsfristen für die Lohnsteueranmeldungen vom 23.04.2020 (BMF-Schreiben v. 23.04.2020 - IV A 3 - S 0261/20/10001 :005) können Arbeitgeber die Fristen zur Abgabe monatlicher oder vierteljährlicher Lohnsteueranmeldungen nach § 109 Abs. 1 AO während der Corona-Krise im Einzelfall auf Antrag um maximal zwei Monate verlängern. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sie selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung und Lohnsteueranmeldung Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert waren, die Lohnsteueranmeldung pünktlich zu übermitteln.

Antrag auf pauschalierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen für 2019

Am 24.04.2020 hat das BMF ein weiteres Schreiben veröffentlicht, wie für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2019 Anträge auf eine Vorauszahlungsherabsetzung mittels pauschaler Ermittlung des Verlustrücktrags erfolgen können (IV C 8 - S 2225/20/10003 :010).

Aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens ist bei vielen Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erwarten, dass sich ihre Einkünfte im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringern und sich dementsprechend für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2020 rücktragsfähige Verluste i.S.v. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG ergeben.

Steuerpflichtige, die von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich betroffen sind und noch nicht für das Jahr 2019 veranlagt worden sind, können in den zeitlichen Grenzen des § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG grundsätzlich eine Herabsetzung der festgesetzten Vorauszahlungen für 2019 beantragen. Da eine hinreichende Prognose im Einzelfall gerade in der aktuellen Situation aufgrund der Unsicherheiten der wirtschaftlichen Entwicklung vielfach schwierig ist, können die Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen aufgrund eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus dem Jahr 2020 vereinfacht abgewickelt werden.

Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus dem Jahr 2020 zur nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 sind:

1. Antrag: Dieser kann schriftlich oder elektronisch bei dem für die Festsetzung der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamt gestellt werden.

2. Antragsberechtigung: Nur Steuerpflichtige, die im Laufe des Veranlagungszeitraums 2020 Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, können den pauschal ermittelten Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 in Anspruch nehmen.

3. Negative Betroffenheit: Der Antragsteller muss von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Dabei wird regelmäßig von einer Betroffenheit ausgegangen werden, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden oder der Steuerpflichtige versichert, dass aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet wird.

Höhe des pauschal ermittelten Verlustrücktrags

Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt wurden. Dieser ist bis zu einem Betrag von 1.000.000 € bzw. bei Zusammenveranlagung von 2.000.000 € nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG abzuziehen. Demzufolge sind die Vorauszahlungen für 2019 unter Berücksichtigung des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 neu zu berechnen und festzusetzen, so dass sich ein Erstattungsanspruch ergibt.

Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung 2019

Verfahrensrechtlich kann ein Verlustrücktrag aus 2020 jedoch erst in der Veranlagung des Jahres 2019 nach Durchführung der Veranlagung 2020 berücksichtigt werden. Dies führt dazu, dass in Fällen, in denen die Vorauszahlungen für 2019 aufgrund eines Verlustrücktrags aus 2020 gemindert wurden, die Veranlagung für 2019 daher mangels Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus 2020 in der Regel zunächst zu einer Nachzahlung in entsprechender Höhe führt. Die auf den im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigten Verlustrücktrag entfallende Nachzahlung für 2019 ist auf Antrag befristet bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 unter dem Vorbehalt der Zinsfestsetzung und unter dem Vorbehalt des Widerrufs zinslos zu stunden, wenn der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für den VZ 2019 weiterhin von einer nicht unerheblichen negativen Summe der Einkünfte für den VZ 2020 ausgehen kann. Beruht die erste Festsetzung für 2020 auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO, sind für den Stundungszeitraum nachträglich Stundungszinsen festzusetzen.

Auswirkungen auf die Steuerfestsetzung 2020

Ergibt sich nun im Rahmen der Einkommen- oder Körperschaftsteuerveranlagung für 2020 ein Verlustrücktrag gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG, entfällt insoweit die bisher festgesetzte und gestundete Nachzahlung für 2019. Sollte sich jedoch bei der Veranlagung für 2020 kein Verlustrücktrag nach 2019 ergeben, ist die bislang gestundete Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids für 2020 zu entrichten. Ergibt sich bei der Veranlagung für 2020 lediglich ein geringerer Verlustrücktrag nach 2019 als der bislang gestundete Betrag, ist die verbleibende Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des berichtigten Steuerbescheids für 2019 zu entrichten.

Tipp: Anspruchsberechtigte Steuerpflichtige sollten die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme des pauschalierten Verlustrücktrags gründlich prüfen. Anders als wirtschaftliche Maßnahmen oder Erleichterungen in der Corona-Krise, stellen die Maßnahmen zur steuerlichen Erleichterung lediglich eine Vorverlagerung der Nutzung eines noch nicht festgestellten Verlusts aus dem Jahr 2020 dar. Somit ergeben sich lediglich Liquiditätsvorteile. Fällt der Verlust im Jahr 2020 dann doch nicht so hoch aus wie angenommen, können bei der Veranlagung hohe Nachzahlungen drohen.

Die verabschiedeten Maßnahmen zur Verlängerung der Abgabefristen für Lohnsteueranmeldungen sollten Steuerpflichtige bei Bedarf zur Vermeidung von Säumniszuschlägen oder Verspätungszuschlägen nutzen. Ist abzusehen, dass im Jahr 2020 ein rücktragsfähiger Verlust entstehen wird, sollten Steuerpflichtige über die Inanspruchnahme des pauschalierten Verlustrücktrags nachdenken. Wird jedoch mit einer Erholung der wirtschaftlichen Lage gerechnet, sollte von der Beantragung des pauschalierten Verlustrücktrags Abstand genommen werden.

BMF -Schreiben v. 23.04.2020 - IV A 3 - S 0261/20/10001 :005 BMF -Schreiben v. 24.04.2020 - IV C 8 - S 2225/20/10003 :010

Volker Küpper, Steuerberater, Dipl.-Volkswirt

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