Die elektronische Rechnung nach dem im Frühjahr 2024 beschlossenen Wachstumschancengesetz: Diese Pflichten gelten schon bald!

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Mit dem im März 2024 beschlossenen Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung Unternehmen wettbewerbsfähiger machen und den Standort Deutschland stärken. Eine wichtige Neuerung stellt der verpflichtende Empfang von E-Rechnungen dar. Der Gesetzgeber hat wegen des Umstellungsaufwands einige Übergangsregelungen eingeführt. Aber der zeitliche Aufschub gilt nur für Rechnungsaussteller. Als unternehmerischer Rechnungsempfänger müssen auch Steuerberater schon ab dem 01.01.2025 für den Empfang und die Verarbeitung der neuen E-Rechnungen bereit sein.

Rückblick

Die EU-Kommission hatte bereits am 08.12.2022 den Richtlinienvorschlag "VAT in the Digital Age" veröffentlicht. Aus diesem geht hervor, dass eine Einführung eines elektronischen Meldesystems mit verpflichtenden elektronischen Rechnungen (E-Invoicing) vorgeschlagen werde, um die Betrugssicherheit des Mehrwertsteuersystems zu verbessern. Hierdurch solle beispielsweise die bisherige "Zusammenfassende Meldung (ZM)" ersetzt werden.

Die Bundesregierung plant die schnellstmögliche Einführung eines bundesweit einheitlichen elektronischen Meldesystems. Im ersten Schritt hierzu wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetzes der Empfang von elektronischen E-Rechnungen für B2B-Umsätze verpflichtend eingeführt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dann ein Meldesystem zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug hinzugefügt werden.

Das BMF hatte sich mit Schreiben vom 02.10.2023 ( III C 2 - S 7287 - a/23/10001 : 007, veröffentlicht beim DStV) an die Verbände zur Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung positioniert. Im Verlauf ist mit weiteren Stellungnahmen zu Anwendungs- und Zweifelsfragen durch die Finanzverwaltung zu rechnen.

Veränderungen durch das Wachstumschancengesetz

  • Definition einer Rechnung, § 14 UStG

Es erfolgt eine neue Definition einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG (n.F.). Ab dem 01.01.2025 ist sodann zwischen elektronischen Rechnungen und sonstigen Rechnungen zu unterscheiden. Gemäß §14 Abs. 1 Satz 2 ff. UStG n.F. stellt eine elektronische Rechnung eine Rechnung dar, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird. Der Versand einer Ausgangsrechnung im PDF-Format stellt somit fortan eine sonstige Rechnung dar und wird einer Papierrechnung gleichgestellt.

  • Leistungen zwischen Unternehmern (B2B)

Die E-Rechnungspflicht gilt zunächst nur für sog. B2B-Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern - auch von Kleinunternehmern. Als im Inland ansässig gelten diejenigen Unternehmer, die ihren Sitz, ihren Ort der Geschäftsleitung, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder eine inländische umsatzsteuerliche Betriebsstätte unterhalten.

Hinweis:  Demnach wären auch Vermieter, welche mittels Option nach § 9 UStG steuerpflichtig an andere Unternehmer vermieten von der E-Rechnungspflicht betroffen. Ein Mietvertrag wäre hier als Rechnung nicht mehr ausreichend.

 

Der Gesetzgeber hat nun eine entsprechende Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung im § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr .1 UStG n.F. verankert. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind Kleinbetragsrechnungen i.S.d. §33 UStDV bis zu einer Rechnungshöhe von 250 €, sowie Fahrausweise i.S.d. § 34 UStDV.

  • Anforderungen an das Rechnungsdatenmodell

Um europaweit einen einheitlichen technischen Standard für die E-Rechnung zu etablieren, wurde seitens der EU eine Norm (CEN 16931) für das Datenformat zur elektronischen Rechnungsstellung entwickelt. Diese Norm legt ein Datenmodell für die Struktur und den Inhalt von elektronischen Rechnungen als Standard fest. Die darin festgelegten Anforderungen werden beispielsweise von der "XRechnung" oder dem "ZUGFeRD-Format" erfüllt. Eine Rechnung im "ZUGFeRD-Format" kombiniert visuelle PDF und integrierte Rechnungsdatei im XML-Format und ist somit für den Empfänger über das PDF-Format einfacher auszulesen.

Beim "XRechnung"-Format kann keine Auslesung mit dem bloßen Auge erfolgen, da lediglich eine Rechnungsdatei im XML-Format vorliegt. Hier sind zum Auslesen jedoch bereits einige Software-Alternativen auf dem Markt verfügbar. Die Verwendung des EDI-Verfahrens ist weiterhin möglich, wenn jegliche umsatzsteuerrelevanten Informationen aus dem verwendeten Rechnungsformat richtig, vollständig und der Norm EN 16931 entsprechend dargestellt werden können.

Auch das BMF hat in seinem Verbandsschreiben vom 02.10.2023 bereits zur Verwendung des EDI-Verfahrens Stellung bezogen. Hier heißt es: "Hinsichtlich der in den Verbändeanhörungen angesprochenen EDI-Verfahren ist sich das BMF deren Bedeutung für bestimmte Bereiche der Wirtschaft bewusst. Es wird aktuell an einer Lösung gearbeitet, die die Weiternutzung der EDI-Verfahren auch unter dem künftigen Rechtsrahmen so weit wie möglich sicherstellen soll.

Dass mit der Einführung des transaktionsbezogenen Meldesystems an bestimmten EDI-Verfahren noch technische Anpassungen vorgenommen werden müssen, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Ziel wird es aber sein, diesen Umstellungsaufwand im Interesse der Wirtschaft auf das Notwendige zu begrenzen."

  • Übergangsregelungen

Aufgrund des hohen Umsetzungsaufwands der einzelnen Unternehmer hat der Gesetzgeber Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen, siehe § 27 Abs. 38 UStG n.F. Bis zum 31.12.2026 können B2B-Umsätze auch weiterhin über eine sonstige Rechnung (Papierrechnungen oder Versand im PDF-Format) abgerechnet werden. Für diese Vorgehensweise ist jedoch die Zustimmung des Rechnungsempfängers gem. § 27 Abs. 8 Nr.1 UStG n.F. einzuholen.

Bis zum 31.12.2027 greift diese Vorgehensweise. Zusätzliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Übergangsregelung ist jedoch, dass der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatzes von maximal 800.000,00 € erzielt hat. Der Gesamtumsatz ist hier analog zu §19 (3) UStG zu bemessen.

Ab dem 01.01.2028 müssen dann alle Unternehmen im B2B-Bereich E-Rechnungen versenden. Steuerfreie Lieferungen und Leistungen sowie Kleinbetragsrechnungen bis 250 € und Fahrausweise sind derzeit noch von der Pflicht ausgenommen.

  • Auswirkungen für den Rechnungsempfänger

Ungeachtet dessen, ob ein inländischer Unternehmer bereits elektronische Rechnungen unter Beachtung der neuen Vorgaben versendet, muss jeder inländische Unternehmer ab dem 01.01.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu archivieren. Der Empfang von elektronischen Rechnungen bedarf grundsätzlich keiner Zustimmung des Rechnungsempfängers mehr.

Eine Zustimmung ist nur noch dann notwendig, wenn die elektronische Rechnung nicht den neuen Vorgaben entspricht oder grundsätzlich keine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung (z.B. Kleinbetragsrechnungen oder steuerbefreite Umsätze) vorliegt.

Für Rechnungen an Endverbraucher (B2C) ist ebenfalls die Zustimmung für die elektronische Rechnungstellung beim Rechnungsempfänger einzuholen. Die Rechnungsstellung durch den Leistungsempfänger im Rahmen einer Gutschrift wird weiterhin möglich sein. Auch steht einer Rechnungstellung durch Dritte im Namen und für Rechnung des Unternehmers weiterhin nichts im Wege.

  • Die E-Rechnung als Beschleuniger der Digitalisierung

Durch die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung zum 01.01.2025 sind einige Vorbereitungen von Mandanten und Steuerberatern selbst vorzunehmen. Im Hinblick auf die kurze Vorbereitungszeit ist es wichtig, die Mandanten über die anstehenden Veränderungen zu informieren. In den Unternehmen müssen kurzfristig notwendige Prozessanpassungen überprüft werden. Prozessabläufe wie Rechnungsfreigabe, Zahlungen, Übermittlung an den Steuerberater etc., müssen durch die Unternehmer zwingend digitalisiert werden.

Die Softwareanbieter sind bereits dabei, ihre Rechnungs- oder Buchhaltungssoftware mit diesen notwendigen Funktionen auszustatten. Auch in den Steuerberaterkanzleien kann die Einführung der E-Rechnung als Anknüpfungspunkt für weitere Beratungsfelder verwendet werden. Die Verfahrensdokumentation rückt nun wieder in den Fokus. So war die alleinige Vermarktung der Verfahrensdokumentation in vielen Steuerberaterkanzleien neben Zeit- und Fachkräftemangel oft mühsam. Die Analyse von Rechnungsprozessen und von neuer Softwareimplementierung könnte nun vereinfacht werden.

Die Einführung der E-Rechnung wird Auswirkungen auf die Abläufe in den Abteilungen der Finanzbuchführungen haben. Auch hier ist nun ein guter Anreiz für weitere Digitalisierungen und Prozessanpassungen gegeben. Steuerberater werden dabei eine entscheidende Schlüsselrolle einnehmen.

Ausblick

Der Bundesrat hatte die Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung in seiner Beschlussempfehlung (Drucksache 433/1/23) begrüßt. Darin hatte er aber erläutert, dass der mit der Einführung der elektronischen Rechnung verbundene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der elektronischen Rechnung verbundenen Zwecken stehen muss.

Vor diesem Hintergrund hatte der Bundesrat empfohlen, die Einführung der elektronischen Rechnung um zwei Jahre zu verschieben. Er war der Auffassung, dass auch der Empfang von elektronischen Rechnungen erst ab dem 01.01.2027 verpflichtend sein sollte. Damit bliebe genügend Zeit, um Anwendungsfragen im Zusammenhang mit der elektronischen Rechnung zu klären und branchenspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung des strukturierten elektronischen Formats zu berücksichtigen.

Das Wachstumschancengesetz in seiner finalen Fassung enthält jedoch keine Anpassung der o.g. Übergangsregelungen. Somit muss jedes Unternehmen im B2B- Bereich ab dem 01.01.2025 in der Lage sein, E-Rechnungen zu erhalten und verarbeiten zu können. Es bleibt abzuwarten, ob ggf. noch nachträgliche Verlängerungen der Übergangsregelungen vorgenommen werden.

Fazit

An einer Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung führte in Deutschland kein Weg vorbei. Im öffentlichen Rechnungswesen war die elektronische Rechnungsstellung bereits verpflichtend. Die Verpflichtung ist für Unternehmen und auch für Steuerberater eine Chance, weiter an der Digitalisierung zu arbeiten.

Julia Goldbaum, Steuerberaterin, Dipl. Finanzwirtin

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