Sind Ihre Mandanten bereits mit dem elektronischen Verfahren bei der Entsendebescheinigung A1 vertraut? Wenn nicht, dann sollten Sie sie schnell darauf hinweisen, dass mit dem 30.6.2019 eine letzte Nichtbeanstandungsfrist ausläuft. Ab dann ist der Antrag der A1-Bescheinigung zwingend elektronisch abzuwickeln. Alles was Sie bzw. Ihre Mandanten jetzt zum A1-Verfahren wissen müssen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Was ist die A1-Bescheinigung?
Mit Ausstellung der Entsendebescheinigung A1 kann innerhalb der EU, EWR und der Schweiz in einem anderen Staat gearbeitet werden, aber gleichzeitig weiter in die Sozialversicherungen des Heimatlandes eingezahlt werden. Dies ist seit Anfang 2019 ausschließlich im elektronischen Verfahren abzuwickeln, wobei eine Ausnahmeregelung für begründete Einzelfälle eingeräumt wurde. Diese läuft nun am 30.6.2019 aus.
Bürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) oder der Schweiz sind oft in einem anderen europäischen Land erwerbstätig. In diesem Fall stellt sich die Frage, welche Sozialversicherungssysteme zur Anwendung kommen: die desjenigen Landes, in dem der Bürger erwerbstätig ist, oder des Landes, aus dem der Bürger stammt.
Diese Frage ist eng mit dem Begriff der Entsendung verbunden. Dies bedeutet, dass ein Bürger eines Staates vorübergehend in einen anderen Staat entsandt wird, um dort eine Beschäftigung auszuüben.
Für die Dauer der Entsendung verbleibt der Bürger dann in den Sozialversicherungen seines Heimatlandes versichert, eine Versicherung im Beschäftigungsstaat, also dem Staat, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, ist entbehrlich.
Um die Voraussetzungen einer solchen Entsendung auf eine einfache Weise zu klären und für beide Staaten verbindlich zu regeln, ist seit einigen Jahren die Ausstellung einer sogenannten A1-Bescheinigung möglich, die elektronisch beantragt und ausgestellt wird.
Rechtlicher Hintergrund: EU-Verordnung (EG) Nr. 883/2004
Die Einzelheiten für das Antragsverfahren und die Ausstellung der Bescheinigung sind in der Europäischen Verordnung zur Koordinierung der Sozialen Sicherheit geregelt (EU-Verordnung (EG) Nr. 883/2004).
Diese Verordnung legt u. a. fest, dass eine vorübergehende Beschäftigung einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten umfasst. Um bei Kontrollen im Beschäftigungsstaat eine Bescheinigung A1 vorlegen zu können, sollte diese bereits vor Beginn des Auslandseinsatzes beantragt werden. Nach den Bestimmungen der Verordnung hat der Arbeitgeber, der seinen Mitarbeiter in einen anderen Mitgliedstaat entsandt hat, grundsätzlich den zuständigen Träger im Entsendestaat im Voraus über die Entsendung zu unterrichten. Dieser Träger stellt der betreffenden Person die Bescheinigung A1 aus und informiert hierüber gleichzeitig den zuständigen Träger des Beschäftigungsstaates.
Hinweis: Selbst bei kürzesten Dienstreisen ins Ausland, z.B. bei Messebesuchen oder Meetings, ist eine A1-Bescheinigung nötig.
Elektronisches Antragsverfahren bei der Entsendebescheinigung A1
Seit dem 1. Januar 2019 ist das elektronische Antragsverfahren und die elektronische Ausstellung der Bescheinigung A1 für entsandte Beschäftigte für Antragsteller und ausstellende Stellen verpflichtend.
Dieses Antrags- und Bescheinigungsverfahren ist mithilfe systemgeprüfter Abrechnungsprogramme oder einer maschinellen Ausfüllhilfe an die jeweils zuständige Stelle (Krankenkasse, Rentenversicherungsträger, Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen) zu übermitteln.
Durch das neue Verfahren sollen die Fehler, die bislang bei der Antragstellung in Papierform am Häufigsten aufgetreten sind (Beantragung der Bescheinigung A1 bei einer unzuständigen Stelle, Entsendezeitraum überschreitet 24 Monate, Beantragung einer A1-Bescheinigung für Entsendung in einen Staat außerhalb der EU), maschinell erkannt und dem Antragsteller bereits bei der Antragstellung mitgeteilt werden.
Dadurch sollen zeitraubende Rückfragen entfallen. Liegen die Voraussetzungen einer Entsendung vor, erhält der Arbeitgeber innerhalb von drei Arbeitstagen die beantragte A1-Bescheinigung.
Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die zuständige Stelle nach Auswertung der relevanten Informationen festgestellt hat, dass die Entsendevoraussetzungen erfüllt sind, also nicht bereits mit dem Eingang des elektronischen Antrags.
Antragsverfahren A1 in Papierform?
Das elektronische Antragsverfahren gilt nur für entsandte Beschäftigte und für Beamte und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes.
Eine elektronische Antragstellung der A1-Bescheinigung kommt damit insbesondere nicht in Betracht für
- Selbständige,
- Personen, die gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten erwerbstätig sind (z. B. Fernfahrer) und
- Personen, die im Rahmen eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens (z. B. mit den USA oder China) entsandt werden.
In diesen Fällen ist die Bescheinigung A1 bzw. Entsendebescheinigung auf den bisherigen Vordrucken zu beantragen. Die Bescheinigung wird in diesen Verfahren weiterhin in Papierform ausgestellt.
Praxishinweis: In der Praxis wird die Bescheinigung A 1 entweder vom Steuerberater für den Mandaten oder, wenn die erforderliche Software vorgehalten wird, von der Personalabteilung des Mandanten selbst beantragt.
Kann im Beschäftigungsstaat bei einer Kontrolle keine Bescheinigung A 1 vorgelegt werden, zieht dies die Verhängung eines Bußgeldes nach sich. Ausnahmsweise wird davon abgesehen, wenn ausreichende Entschuldigungsgründe vorliegen, wie z. B. das Warten auf die Bescheinigung nach einem gestellten Antrag vor der Aufnahme der Tätigkeit.
Zudem ist zu befürchten, dass der Beschäftigungsstaat bis zur endgültigen Klärung des Status ebenfalls auf einer Beitragspflicht in den eigenen Sozialversicherungen besteht und es damit jedenfalls vorübergehend zu einer doppelten Beitragsbelastung kommt.
Daher sollte darauf geachtet werden, dass die Bescheinigung mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf und allen erforderlichen Angaben beantragt wird. Dies wird durch die ausschließliche elektronische Beantragung in der EU und dem EWR unterstützt.
Norm: SGB IV § 106
Fundstelle: Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Art. 12 Abs. 1
Autor: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht