Welche Folgen haben Darlehen der Gesellschafter an ihr eigenes Unternehmen für die Höhe der abzugsfähigen Zinsaufwendungen?
Das FG Münster hat im Fall eines Darlehens an eine GbR entschieden, dass die für das Darlehen gezahlten Zinsen nur insoweit Werbungskosten darstellen, als sie nicht auf den eigenen Anteil an der Gesellschaft entfallen. Insoweit ist dann nur ein anteiliger Abzug möglich.
Das Finanzgericht Münster (FG) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 26.08.2021 (8 K 2860/19 F) dazu Stellung genommen, ob und in welcher Höhe Zinsen für Darlehen, welche ein Gesellschafter an seine vermögensverwaltende Personengesellschaft gegeben hat, abzugsfähig sind.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Gesellschafter der klagenden GbR sind jeweils zur Hälfte L.D. und dessen Sohn N.D. Die GbR vermietet Räumlichkeiten auf einem bebauten Grundstück an mehrere Mieter, wobei als Vermieterin (jedenfalls auch) die Klägerin auftritt. Zur Finanzierung der Bebauung des Grundstücks nahmen die Gesellschafter zwei Darlehen bei der Sparkasse X-Stadt auf.
Die GbR schloss mit ihren Gesellschaftern jeweils einen schriftlichen „Darlehensvertrag“. Beide Darlehen sollten mit einem Zinssatz von jährlich 4,95 % verzinst und nach Ablauf von zehn Jahren endfällig zurückgezahlt werden, wobei Sondertilgungen möglich sein sollten. Sicherheiten wurden nicht gestellt.
Zur Auszahlung heißt es jeweils: „Die Auszahlung des Darlehens erfolgte mit Wertstellung am 30.08. des Streitjahres.“ An diesem Tag wurden die Darlehen gegenüber der Sparkasse getilgt. Die Gesellschafter brachten die Beträge u.a. durch Kündigung mehrerer Lebensversicherungsverträge auf. Im Streitjahr zahlte die GbR an beide Gesellschafter Zinsen.
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzte die GbR die gezahlten Zinsaufwendungen für die Darlehen als Werbungskosten an.
Die geltend gemachten Zinsaufwendungen erkannte das Finanzamt nur zur Hälfte als Werbungskosten an und erläuterte dies mit dem Hinweis, es werde „nur der Teil der Zinsaufwendungen angesetzt, der nicht auf den eigenen Anteil“ entfiele. Der Einspruch blieb erfolglos, die Klage zum FG ebenfalls.
Fremdüblichkeit der Darlehensvereinbarungen
Einer steuerlichen Anerkennung der Darlehensverträge steht nach Ansicht des FG bereits entgegen, dass der GbR die Darlehensvaluten nicht ausgekehrt wurden und es deshalb an einer Fremdüblichkeit der Darlehensverträge fehlt.
Abziehbarkeit der Darlehenszinsen
Zwar standen die Darlehenszinsen, die die Gesellschafter der GbR an die Sparkasse gezahlt haben, in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den gemeinschaftlich erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. An die Sparkasse wurden aber seit dem 01.09. des Streitjahres keine Zinsen mehr gezahlt.
Die Darlehensverträge zwischen der GbR und ihren Gesellschaftern stellen nach Ansicht des FG schon zivilrechtlich keine Anschlussfinanzierung in Bezug auf die getilgten Darlehen dar.
Es kommt für das FG auch nicht in Betracht, die Verträge so auszulegen, dass damit der GbR zunächst auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (als Gesellschafterbeiträge) überlassene Gelder künftig auf Basis eines Darlehensvertrags (im Wege des Leistungsaustauschs) zur Verfügung gestellt werden sollten.
Denn die Gesellschafter haben der GbR bis zum Abschluss des Darlehensvertrags keine Gelder auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage überlassen, so dass auch eine „Umwandlung“ einer gesellschaftsrechtlichen Überlassung in eine Überlassung durch Darlehensvertrag ausscheidet.
Die Verwendung der Gelder hat nicht das Vermögen der GbR vergrößert, sondern ist den Gesellschaftern selbst zugutegekommen.
Die Darlehensverträge können auch nicht als ein Rechtsgeschäft ausgelegt oder in ein solches umgedeutet werden, das als Grundlage für den begehrten Werbungskostenabzug dienen könnte. Denn für das FG kommt es nicht in Betracht, die Darlehensverträge mit der GbR als Darlehensverträge der Gesellschafter untereinander auszulegen: Zum einen gibt es für eine solche Auslegung keine Anhaltspunkte.
Insbesondere sind die Gesellschafter selbst nur als Darlehensgeber und nicht als Darlehensnehmer aufgetreten. Zum anderen entspricht dies auch nicht dem Interesse der Beteiligten, weil einer solchen Überkreuzvereinbarung jedenfalls die steuerliche Anerkennung zu versagen wäre und somit der beabsichtigte steuerliche Effekt nicht eingetreten wäre.
Die Beteiligten des Rechtsgeschäfts haben das wirtschaftliche Ergebnis gerade nicht eintreten und bestehen lassen, weil der GbR keine Gelder zur Verfügung gestellt wurden. Die (unstreitig) an die Gesellschafter gezahlten „Darlehenszinsen“ sind als vorab ausgezahlte Anteile am Gewinn einzustufen.
Anwendung der Bruchteilsbetrachtung
Selbst wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam oder jedenfalls steuerlich anzuerkennen wäre, wären die Zinsen nur zur Hälfte zu berücksichtigen und damit keine über die in dem angefochtenen Bescheid angesetzten Werbungskosten hinausgehenden Werbungskosten anzuerkennen.
Der vollen steuerlichen Anerkennung der Zinszahlungen stünde selbst bei einer Anerkennung dem Grunde nach entgegen, dass die Darlehensgeber jeweils zur Hälfte an der GbR beteiligt sind.
Bei Zinseinnahmen, welche ein Gesellschafter für die Hingabe eines Darlehens an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erzielt, ist das Darlehen dem Gesellschafter persönlich zuzurechnen.
Die Zinsen führen beim Darlehensgeber zu Einnahmen aus Kapitalvermögen und beim Darlehensnehmer, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür erfüllt sind, zu Werbungskosten. Allerdings gilt dies nur insoweit, als der Gesellschafter nicht an der Gesellschaft beteiligt ist. Soweit seine Beteiligung reicht, ist eine Anerkennung ausgeschlossen.
Für den umgekehrten Fall, in dem eine vermögensverwaltende Personengesellschaft oder eine Gemeinschaft einem Gesellschafter oder Miteigentümer eine Sache mietweise entgeltlich überlässt, sind die im Gesamthandseigentum stehenden Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern zuzurechnen und ist die Gesamthandsgemeinschaft deshalb steuerrechtlich wie eine Bruchteilsgemeinschaft zu behandeln.
Der Miteigentümer einer Bruchteilsgemeinschaft, der einen Teil des Miteigentums gegen Entgelt selbst nutzt, erzielt damit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil es schon bürgerlich-rechtlich an einem Mietverhältnis fehlt. Der Selbstnutzer wäre Vermieter und gleichzeitig sein eigener Mieter, deshalb ist die erforderliche Personenverschiedenheit nicht gegeben.
Soweit ein Miteigentümer den gemeinschaftlichen Gegenstand nicht über das seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzungsrecht hinausgehend nutzt, beruht dies nicht auf wechselseitiger An- und Vermietung.
Ein Mietverhältnis kann erst begründet werden, sobald ein Miteigentümer den Gegenstand über seinen Anteil hinausgehend nutzt. In der vorliegenden Konstellation, in welcher die Gesellschafter ihrer Gesellschaft jeweils ein Darlehen gewähren, kann dieses Darlehen ebenfalls nur in Höhe ihrer Beteiligung anerkannt werden.
Wurden der GbR Gelder zur Verfügung gestellt, erwirbt sie damit (u.U. wegen eines abgekürzten Zahlungswegs nur für eine juristische Sekunde) ein Wirtschaftsgut, das mehreren (ihren Gesellschaftern) zur gesamten Hand zusteht. Da die GbR selbst nicht Schuldnerin der Einkommensteuer ist, ist eine getrennte Zurechnung erforderlich. Daher sind die Darlehensverträge der GbR mit ihren Gesellschaftern, soweit diese jeweils beteiligt sind, nicht anzuerkennen.
Damit räumt sich der Gesellschafter, der seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt oder einen Gegenstand vermietet, soweit er beteiligt ist, ein Nutzungsrecht ein, welches ihm ohnehin schon als Eigentümer des zur Nutzung überlassenen Geldes oder der vermieteten Sache zustand.
Zugleich wird auch die im Zuge der Darlehensvereinbarung begründete Verbindlichkeit als negatives Wirtschaftsgut zugerechnet, so dass er – quotal in Höhe seiner Beteiligung – auch eine Schuld gegenüber sich selbst begründet. Aus diesen Gründen hat das FG die Klage abgewiesen.
Praxishinweis: Das FG hat die bisherige Bruchteilsbetrachtung, nach der bei Zinseinnahmen, die ein Gesellschafter für die Hingabe eines Darlehens an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft erzielt, das Darlehen dem Gesellschafter persönlich zuzurechnen ist und die Zinsen beim Darlehensgeber zu Einnahmen aus Kapitalvermögen sowie beim Darlehensnehmer zu Werbungskosten führen, soweit der Gesellschafter nicht an der Gesellschaft beteiligt ist und eine darüber hinausgehende Anerkennung ausgeschlossen ist, auf den umgekehrten Fall entsprechend angewendet: Gewähren die Gesellschafter ihrer Gesellschaft jeweils ein Darlehen, so können die für dieses Darlehen gezahlten Zinsen ebenfalls nur in Höhe ihrer Beteiligung als Werbungskosten anerkannt werden. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das FG die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die Ansicht des FG bestätigen wird.
FG Münster, Urt. v. 26.08.2021 - 8 K 2860/19 F
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht